Freitag, 26. Juli 2013

(2) KAPITEL 16 - B

SHINO – B

Der Alltag kehrte wieder in mein Leben ein. Wie schon damals lag ich auf meinem Platz in der Sonne und faulenzte. Das Leben war einfach nicht mehr lebenswert. Saphir war weg und Lura immernoch sauer auf mich. Naja, mir solls recht sein. Malou legte sich neben mich und fing an zu schnurren. „Na, wie geht es dir?“, fragte sie. Weil ich soviel Zeit mit Saphir verbracht hatte, habe ich ganz vergessen nach meiner Familie zu sehen. Scheint ihnen aber nicht sonderlich viel ausgemacht zu haben, dachte ich gleichgültig. „Gut und dir?“, antwortete ich. „Nichts ist gut. Ich sehe doch wenn dich etwas bedrückt. Möchtest du darüber reden, Shino?“, bot sie mir ihre Hilfe an. Früher habe ich viel mit Malou unternommen. Ihr meine Probleme erzählt. Meine Träume. Einfach nur aus dem Grund, weil sie in dem selben Loch gefangen war wie ich, sie konnte meine Gefühlslage und Wahrnehmungen der Wirklichkeit nachvollziehen. Aber das war Früher. Früher ist nich heute. Da war noch alles anders.. Unkompliziert. Aus irgendweinem Grunde, den nichtmal ich erklären konnte, wollte ich aber nicht mit Malou reden. Also schüttelte ich nur den Kopf und drehte mich weg. In diesem Moment kam auch Kaito angesprungen. Etwas stimmte mit ihm nicht, was genau konnte ich nicht deuten. Lange hatte ich ihn nicht mehr so glücklich erlebt, doch ich wollte nicht nachfragen. „Mein Glück“ erlaubte mir das einfach nicht. Kaito blieb auf einmal stehen und starrte mcih eindringend an. Was hat er auf einmal? Ist was mit mir oder warum starrt er mich so an? Wut stieg in mir auf, doch als ich seinen leeren Blick sah, erlosch sie von einem Moment auf den anderen, so als wäre sie nie da gewesen. Ihn bedrückt etwas. Nur was hatte das mit mir zu tun? Schenkte ich ihm als Bruder vielleicht zu wenig Aufmerksamkeit? Fühlte er sich von mir allein gelassen? Es wäre besser wenn ich das änderte.. Ohne noch weiter zu überlegen sprang ich auf ihn und wir machten eine Rolle. Zwei. Drei. Dann rappelt er sich auf und geht in Angriffsposition, genau wie ich. Langsam umkreisten wir uns und fauchten uns an. Wie ich das nur vermisst habe! Auch Malou entschied sich mit uns zu spielen. Kaito war stärker geworden. Noch nie hatte er mich zu Boden gedrückt, immer war ich der Stärkere von uns beiden. Jetzt war er es. Ich war erstaunt. Was sich alles in so kurzer Zeit alles verändert hatte. Das war jedoch nicht die einzige Veränderung. Es gab sogar noch eine viel Größere, von der ich nun erfahren sollte. Laria und Chaisen kamen nebeneinander angetrabt. Sie strahlten Freude aus, sehr viel sogar. Kurz rief Chaisen alle zusammen, während Laria bei uns blieb und uns anstrahlte. Ich glaube Malou ahnte bereits was uns gleich mitgeteilt wird, denn auch sie fing an zu grinsen. Bevor ich sie fragen konnte was überhaupt los sei, standen bereits der ganze Rest des Rudels um uns herum und schaute die beiden an. Nur meine Mutter war noch nicht da. Chaisen stellte sich zu deiner Frau und fing an zu reden: „Wir haben gute Neuigkeiten, die wir beide euch gerne mitteilen würden. Wir wollten es euch zwar schon früher sagen, aber es gab so viel Stress, da hat das nicht so richtig reingepasst, deshalb haben wir bis jetzt gewartet.“ Er schaute Laria an. Alle Augenpaare richteten sich sofort auf Laria, welche immernoch vor sich hin strahlte. „Ich bin schwanger“, sagte sie voller Freude und sofort fing das durcheinander an. „Jetzt werde ich endlich auch Tante! Herzlichen Glückwunsch Schwesterherz!“, rief meine Mutter, die soeben angekommen war und sprang auf Laria zu. Das ganze Rudel fing an sie zu beglückwünschen und freuten sich über den bald kommenden Nachwuchs. „Seit wann wisst ihr das denn?“, fragte Nero neugierig. „Seit zwei Wochen steht das jetzt fest“, zwitscherte Laria und schmiegte sich an ihren Mann. Nero nickte zufrieden. Auch ich versuchte mir anmerken zu lassen, dass ich mich über den kommenden Nachwuchs freute, was mir leichter viel als gedacht. Alle hier waren in bester Laune, alle an einem Fleck versammelt. Aufeinmal duckte sich Onyx und alle verstummten augenblicklich. Auch ich lauschte der Stille. Ein leises kaum vernehmbares Beben war zu spüren. Plötzlich ertönte ein lautes Brüllen. Es war kilometerweit entfernt, ging aber auch hier durch Mark und Knochen. Was war da los? 


Montag, 22. Juli 2013

(2) KAPITEL 16

SHINO

Es ist ein komisches Gefühl neben der Person zu liegen, die du liebst. Die schlimmste Art jemanden zu vermissen ist bekanntlich die, neben der Person zu liegen und zu wissen, dass es niemals so sein wird, wie du es gerne hättest. Und ja, ich vermisse Saphir, auch, wenn sie sich grade neben mir befindet. Sie zu küssen war das schönste Gefühl auf Erden. Wieso bin ich Lura versprochen und nicht Saphir? Alles wäre so viel einfacher wenn Saphir meine Verlobte wäre.. „Ich liebe dich“, flüsterte ich kaum hörbar. Sie lag an meiner rechten Seite und ich konnte ihren Herzschlag spüren. Tum-Tum. Tum-Tum. Dazu vernahm ich noch das Rauschen des Wasserfalls und ihren Atem. In dieser Höhle herrschte soviel Harmonie, wie ich sie noch nie erlebt hatte. Am liebsten würde ich diesen Moment für die Ewigkeit bewahren. Doch das ging nicht. Wut gemischt mit Trauer füllten meine Seele. Warum ist das Leben nur so ungerecht? Was habe ich der Welt getan? „Ich dich auch“, flüsterte sie genauso leise nach ein paar Minuten. „Ich dich auch“ schwirr es mir durch meine Gedanken. Diese einfachen drei kleinen bedeutungslosen Worte ließen mich für einen Moment lang glücklich sein. Mein Herz setzte kurz aus, um gleich darauf Freudensprünge zu machen. Doch kurz nachdem es ein paar mal gesprungen ist war es so, als würde es stolpern und fiel. Ein schmerzhaftes Stechen ließ mich zurück in die Realität. Ich hasste die Realität. Anscheinend bemerkte Saphir meinen inneren Zustand und kuschelte sich noch näher an mich. Worte passten im Moment nicht zwischen uns, also lagen wir nur schweigend da und schauten aufs Wasser. Die Art und Weise wie die einzelnen Tropfen fielen war interessant. Vielleicht klingt das verrückt, aber es war so als würden sie versuchen etwas datzustellen, etwas zu erzählen. Man muss daran denken wie viele Wassertropfen man braucht, um so einen Wasserfall zu kreiiren. Viele. So viele, dass man sie garnicht zählen kann. Ein Jeder von ihnen verfolgt das selbe Ziel, alle laufen den vorgegeben Weg; den Weg nach unten. Dabei gibt es aber auch ein paar Tropfen, die sich selbstständig machen. Diese sondern sich ab von dem ganzen Rest. Sie gehen ihren eigenen Weg. Wenn man auch auf die geräusche achtete, konnte man deutlich den Unterschied dieser Tropen heraushören: Alle zusammen ergaben ein lautes Rauschen, während die einzelnen ein lautes Platschen von sich gaben und direkt verstummten. Ihr Weg war hier zuende. Nach dem Aufplatschen hörte man nichts mehr von ihnen, während der Rest einen großen Fluss bildete und seinen Weg fortfuhr. Das selbe könnte auch mit uns passieren. Wenn wir uns vom Rest absonderten, unseren eigenen Weg gehen würden, dann würden wir uns verlieren. Deswegen wäre es besser wenn wir einfach so weiter machen, wie vorher auch. So wie es für uns bestimmt war. Ja, das wäre wohl das Beste., dachte ich und spürte wie Saphir ihren Kopf näher an mich schmiegte und ihr Atem immer flacher wurde. Sie war eingeschlafen. An meiner Seite. Es war ein unglaubliches Gefühl, welches ich nie wieder verspüren werde. Morgen früh endet alles wieder. Super. Mein Blick ließ den Wasserfall nicht los. Nein, das kann noch nicht alles sein. Die Tropfen verstummen nicht einfach. Sie bleiben nicht alleine. Da bemerkte ich wie ein paar weitere aus der Reihe tanzten und sich zu dem anderen gesellten. Nach und nach bildeten sie eine Pfütze, welche immer größer wurde. Schließlich war sie groß genug, um zurück zum Wasserfall zu laufen. Auf der anderen Seite liefen die Tropfen auch in meine Richtung und an mir vorbei. Meine Augen fixierten diesen und sahen, wie dieser im hinteren Teil der Höhle verschwand. Platsch. Und weg war er. Das alles erinnerte mich an Nicos Geschichte, die er mir heute Nachmittag erzählte. Sie hatten sich vom Rest abgesondert, sind ihren eigenen Weg gegangen und haben doch den Anschluss zurück zum Rudel gefunden, in dem sie heute noch leben. Sie waren diese Tropfen die zurück zum Wasserfall gelaufen sind. Aber was wäre wenn ich und Saphir es auch versuchen würden, aber nicht zurück zum Wasser kämen, sondern wie der andere Tropfen an mir vorbeigelaufen war und im Nichts verschwand? Das laute, aber beruhigende Rauschen machte mich schläfrig und auch ich entspannte mich nun. Langsam schloss ich die Augen und hörte auf nach zu denken. Morgen endet das alles hier. Damit muss ich mich wohl abfinden, ob ich will oder nicht.

Einzelne Sonnenstrahlen durchbrachen das Wasser bis in die Höhle. Einige von ihnen kitzelten meine Nase und ich musste niesen. Plötzlich bemerkte ich, dass Saphir nicht mehr an meine Seite war. Panisch schlug ich die Augen auf und sprang hoch. Mein Blick schleifte durch die hell beleuchtete Höhle, doch Saphir war nicht zu sehen. „Saphir?“, fragte ich in die Höhle, doch als Antwort kam nur mein Echo. War sie etwa ohne mich zurück gegangen? Das konnte nicht sein. Ohne sich zu verabschieden? Das würde ich Saphir nicht zutrauen. Draußen sah ich wie sich etwas bewegte, aber nur schemenhaft. Also beschloss ich mal nachzusehen, ob das vielleicht Saphir sein könnte. -Und tatsächlich. Sie saß am Rand und hatte sich soeben einen kleinen Fisch gefangen. Sofort sprang ich zu ihr und schüttelte das Wasser aus meinem Fell. Beide mussten lachen und sie aß noch schnell ihren Fisch auf. „Guten Morgen meine Schöne. Hast du gut geschlafen?“, begrüßte ich sie und sie nickte. „Bist du fertig?“, fragte ich noch schnell und sie nickte wieder, gab mir einen Kuss und sagte mir, wir können los. Seite an Seite traten wir den Rückweg in ihr Dorf an. Kurz blieben wir oben auf dem Berg stehen, wo ich mit meiner Mutter zum ersten Mal vorbeigelaufen bin. Nico hatte mir auch erzählt, dass er hier Chayenne kennen gelrnt hatte. Sie hatte grade auf meinen Vater gewartet. Ich wünschte ich hätte ihn noch kennengelernt, doch er war kurz vor meiner Geburt gestorben. Kaltblütig umgebracht trifft es eher. Wer genau es war, wusste ich nicht. Verzeihen könnte ich dieser Person nie. Ich hasse sie dafür, dass ich ohne Vater aufwachsen musste. Auch Saphir blieb stehen und schaute in die Ferne. Woran sie wohl grade dachte? Dann stupste sie mich an und wir trotteten weiter. Von hier bis zu ihr war es ein weiter Weg, doch wir gingen ihn extra langsam, um noch so lange wie möglich bei einander zu sein. „Ich werde dich vermissen“, sagte ich, um das Schweigen zwischen uns zu brechen. „Shino..“, hauchte sie und schüttelte ihren Kopf. „Es ist kein Abschied für immer“, fuhr sie fort und versuchte mich damit aufzumuntern, doch ich spürte, dass sie selbst nicht ganz davon überzeugt war, was sie grade sagte. „Natürlich ist es kein Abschied für immer, wir werden uns noch oft über den Weg laufen..“, gab ich zurück. „Aber wir können ja Freunde bleiben, einfach nur alles vergessen, was zwischen uns war, die letzten Tage..“, erklärte sie immer leiser werdend. Ich nickte. Alles vergessen, na wenn das mal so einfach wäre..
Endlich kamen wir am Graben an und Saphir schaute mich an. Ich küsste sie ein letztes mal und ließ sie hinüber springen. Die Trauer in ihren Augen war nicht zu übersehen, genauso wie meine. Am liebsten würde ich jetzt einfach gehen, doch das konnte ich nicht. Bis ich sie nicht mehr sehen konnte wartete ich noch, in der Hoffnung sie würde sich noch einmal umdrehen, damit sich unsere Blicke noch einmal treffen. Aber sie drehte sich nicht um. Saphir sprang hinüber und trabte in den Dschungel hinein. Enttäuscht drehte ich mich um und machte ein paar Schritte zurück. Zögerlich setzte ich eine Pfote vor die andere. Plötzlich ertönte ein lautes Brüllen aus dem Dschungel. Saphir. „Danke“, sollte das bedeuten. Sofort drehte ich mich um und antwortete mit einem ebenso kräftigem Brüllen wie ihrem. Dann wurde es still um mich herum. Nicht mal das Lied der Vögel füllte die Stille aus. Ich war alleine. Ok.

Freitag, 19. Juli 2013

(2) KAPITEL 15

SAPHIR

Morgen geht es wieder nach Hause. Ich fing an zu lächeln, ich vermisste meine Eltern. Aber vieles wird jetzt anders werden. Zumindest hoffe ich das. Mir kreisten mal wieder viele Gedanken durch den Kopf, als plötzlich Shino in die Höhle sprang. Er ließ mich gar nicht zu Wort kommen und rief verunsichert: „Saphir! Ich habe mich in dich verliebt!“ Als es raus war, blickte er mich erschöpft und ein bisschen verunsichert an. Dann schaute er panisch in die Gegend herum, so als ob er gerade realisiert hätte, was er gesagt hat. Er setzte sich hin und schaute mich mit flehenden Augen an. Genau das wollte ich hören! Aber es macht alles nur noch schwieriger. Er muss bei Lura bleiben! Aber ich liebe ihn auch... Vorsichtig, und doch mit etwas Sicherheit ging ich auf ihn zu. Langsam beugte ich mich vor und stieß mit meiner Nase an seine. Dies war bei uns ein Kuss. Und es fühlte sich toll an. Als ich mich von ihm löste, schaute er mir mit viel Liebe in die Augen. „Shino... Ich habe mich auch in dich verliebt“, es war, als würde ihm ein Stein von der Brust fallen. „Aber...“, flüsterte ich und er schaute mich verletzt an. „Das Gesetz...“, flüsterte er zurück. „Es ist nicht fair“, sagte er und ich musste lachen. „Vieles ist nicht fair. Das habe ich auch schmerzlich begreifen müssen. Shino wir können nicht zusammen sein. Du gehörst zu Lura“, Shino wand sich ab und ließ einen schmerzhaften Brüller ertönen. Er tigerte durch die Höhle und fing leise an zu fluchen. „Ich liebe sie nicht! Ich liebe dich! Wieso können wir nicht einfach zusammen abhauen? Wir bauen uns ein Leben auf, von mir aus als Menschen oder als Tiger! Solange ich mit dir zusammen bin, ist mir das Recht!“, schrie er. Dieser Gedanke einfach abzuhauen, klang total verlockend. Aber ich muss zurück zu meiner Familie und er zu Lura. Es wäre nicht fair, sie auch zu verletzen. „Ich kann nicht so egoistisch sein und einfach abhauen! Meine Familie vermisst mich und du kannst das Lura nicht antun! Bitte, versuch mit ihr zusammen zu sein. Du wirst sie noch lieben lernen“, bittete ich ihn. Er sah mich mit so einem schmerzendem Blick an, dass es mir mein Herz brach. „Und was ist mit dir? Ich will das alles nicht! Und du kannst nicht einfach zu Lian zurück!“, „Natürlich kann ich das nicht. Aber ich werde auch mit niemand anderem zusammen sein“, „Wieso nicht mit mir?“, „Weil Lura auch noch da ist! Wir können nicht so egoistisch sein.“ Er schaute mich lange an und ließ sich dann erschöpft fallen. Es ist nicht fair, konnte ich in seinen Augen lesen. Ich seufzte und tapste zu ihm rüber. Vorsichtig stieß ich ihn noch einmal mit meiner Nase an die seine. Er schloss die Augen und genoss den Augenblick, genau wie ich. „Bringst du mich bitte morgen zurück?“, flüsterte ich traurig und er nickte. Er ist so verletzt! Und ich bin es auch, aber können wir nicht einfach diesen Moment leben? „Können wir nicht einfach die Zeit genießen, die wir noch zusammen haben?“, flüsterte ich müde. Er nickte und so ließ ich mich neben ihn nieder und schmiegte mich an. Ich liebe ihn wirklich. Es bricht mir mein Herz, dass wir nicht zusammen sein können, dachte ich traurig und schlief müde neben Shino ein. Ab morgen werden wir nicht mehr zusammen sein können...

Mittwoch, 17. Juli 2013

(2) KAPITEL 14

SHINO

Zwei Tage also noch. Und dann? Geht Saphir wieder zurück zu ihrem Stamm und tut so als wäre nichts gewesen? Das zweifel ich irgendwie stark an und dennoch wäre es möglich. Wird sie so tun als würde sie mich nicht kennen oder bleiben wir Freunde? Naja, wenn wir überhaupt welche sind.. Auf dem Weg zurück zum Dorf überlegte ich wie es wohl sein würde, wenn sie zurück gehen wird. Ich werde sie aus dem Dschungel begleiten und sie ab da alleine gehen lassen. Saphir würde zu hause ankommen, Lian zur Rede stellen und sich mit ihm vertragen. Ihre Eltern würden ihr helfen ihre Beziehung zu ihm richtig aufzubauen. Sie würde Lian heiraten und glücklich werden. Mich würde sie nach nur wenigen Tagen vergessen. Und ich? Ich werde dann wohl mit Lura leben müssen, wenn sie mir jemals verzeihen wird.. Dann nimmt alles wieder seine Normalität an. Das was doch alle erreichen wollen: Das Schicksal unter Kontrolle zu halten.
Shino! Da bist du ja. Wo warst du?“, fragte meine Mutter und kam besorgt auf mich zu. „Bin ein wenig rumgelaufen“, brummte ich genervt von ihrer Neugier und Sorge. Aber Chayenne ignorierte meine schlechte Laune einfach und erzählte weiter: „Saphir ist anscheinend wieder aufgetaucht. Nico weiß wo sie ist, zumindest indirekt.“ „Schön“, meinte ich nur und legte mich hin. „Hey, was ist den los mit dir? Wieso bist du denn so schlecht drauf?“, wollte Chayenne wissen und legte sich zu mir. „Nichts. Lasst mich einfach alle in Ruhe, okay?“, wies ich sie ab und drehte mich von ihr weg. Langsam konnte ich spüren wie Wut in ihr aufstieg. „Was ist eigentlich dein Problem? Ich versuche mich dir zu nähern und du stößt mich weg. Das ist verletzend, weißt du das? Und du bist der einzige der nicht geholfen hat Saphir zu suchen. Du benimmst dich so als wäre es dir egal!“, schnauzte sie mich an und ich konnte einen enttäuschten Unterton in ihrer Stimme heraushören. Ohne über meine eigenen Worte nachzudenken, fing ich einfach an los zu reden: „Es geht mir nunmal nicht so gut. Ihr lebt euer Leben, ihr habt euren Spaß und haltet uns in diesem Drecksdschungel gefangen! Vielleicht will Saphir nicht zurück. Vielleicht fühlt sie sich ja auch wie eine Gefangene und von ihren Freunden hintergangen? Gut, ihr macht euch Sorgen um sie, aber es ist ihr vielleicht egal. Sie möchte auch tun was sie möchte, ihr eigenes Leben leben und alles, nur nicht zurück! Am liebsten würde ich es ihr gleichtun und ebenfalls einfach abhauen!“ Stille. Nur unser Atem drang durch die Lautlosigkeit und ich hörte, wie das Herz von ihr aus dem Takt schlug. Chayenne war so geschockt, dass sie nicht wusste, was sie noch sagen sollte. „Ich.. Aber warum sagt ihr denn nichts? Ich meine.. Es ist doch alles nur zu eurem Besten! Du weißt einfach nur nicht was es für Probleme als Erwachsener zu bewältigen gibt. Wie wollen euch davor nur schützen“, stotterte sie. „Und wie sollen wir dann Erwachsen werden? Das Leben ist dafür da um Probleme zu lösen, nicht um ihnen zu entgehen!“ Erneut umgab uns Schweigen. „Du warst die ganze Zeit über bei ihr“, versuchte sie zu begreifen und schüttelte bei ihrer Feststellung den Kopf. „Shino, es tut mir wirklich Leid. Möglichwerweise werde ich es niemals nachvollziehen können, aber du bist vielleicht der einzige der Saphir versteht. Trotzdem hättest du uns sagen sollen, dass du sie versteckst.. Sie bedeutet dir viel, oder?“, fragte sie nachdenklich. Allerdings wartete sie meine Antwort nicht ab, sondern stand auf und ging. Na toll, Mutter. Lass mich mit dieser Frage alleine hier sitzen. Danke.

Meine Mutter hatte mir vorgeschlagen ein wenig Zeit mit Nico zu verbringen. Er und Silas arbeiteten an einer Werkstatt. Es war die von Lucien. Nico kam bereits am frühen morgen zu mir und holte mich ab. Zusammen schlenderten wir zur Werkstatt, wo ein Mann über den Hof hastete. „Wer ist das?“, fragte ich verwirrt und Nico fing an zu lachen. „Das ist Silas, erkennst du ihn nicht wieder?“, sagte er und verwandelte sich ebenfalls. „Na komm, du musst mit anpacken. Mit deinen Pfoten geht das schlecht“, bemerkte er amüsant und ging vor. Auch ich änderte meine Gestalt und lief auf zwei Beinen weiter. Als ich das Lager betrat, stand Nico bereits da und sortierte sie Einzelteile. Da ich eh nichts besseres zu tun hatte, half ich ihm. Vor mir befand sich ein riesiges Sortiment von Autoteilen, von der kleinsten Schraube bis hin zu Türen und riesigen Reifen. Erneut hastete Silas an uns vorbei, er sah ziemlich gestresst aus. Auf einmal blieb er stehen und schaute zurück. „Da bist du ja Nico. Eben haben zwei Leute angerufen, mitten im Nichts liegen geblieben. Komm, sie warten!“, forderte er ihn auf und Nico nickte. „Dann übernimmst du kurz die Aufsicht hier. Wenn ein Anruf kommt, nach Details fragen und sagen er solle sich gedulden. Wir sind sofort wieder da“, sagte er und gab mir sein Handy. Zudem drückte er mir noch eine Liste in die Hand. „Was soll ich damit?“, rief ich ihm noch hinterher, aber er war bereits weg. Ein Motor sprang an und die beiden fuhren davon. Das Handy legte ich neben mich auf den Boden und musterte den Block. Einige Dinge waren hier durchgestrichen und bei einigen standen dahinter „zu besorgen!“. Bei der Liste handelte es sich um die Autoteile. Sorgfältig checkte ich die ganze Liste durch und versuchte sie fortzuführen. Es fehlten nur ein paar Kabel, Ventile und ein wenig Werkzeug. Grade war ich dabei alles ordentlich zurückzustellen, als mich eine Schockwelle durchfuhr. Schritte hallten durch das Lager und ich hörte eine Frauenstimme lachen. Aus einem unerklärlichem Grund konnte ich mich nicht mehr bewegen, als hätte ich die Kontrolle über meinen Körper gefunden. Ein Stechen durchdrang meinen Rücken und ich zuckte zusammen. „Ich hab doch gesagt wir werden uns bald wieder sehen, Nico“, trällerte eine Stimme und die Schritte wurden immer lauter. Der Schmerz war so unerträglich, dass ich mittlerweile auf meine Knie gefallen bin und angefangen habe zu schreien. Plötzlich packte mich eine schmale Hand an meiner Schulter und zog mich zurück. „Du bist gar nicht Nico“, stellte sie verwirrt fest und ließ mich los. Kurzerhand hörte der Schmerz auf und ich richtete mich auf. Vor mir stand eine verwirrte Frau die mich hasserfüllt musterte. „Wer bist du?“, fragte sie mich. Immernoch war ich von eben total geschockt. Was zur Hölle war das? Diese Frau vor mir starrte mich gradewegs an. Auch wenn ich Angst hatte wollte ich sie kontrollieren. Ich versuchte bis zu ihr vorzudringen, sie unter meinen Bann zu bekommen. Noch bevor ich es schaffte auch nur durch die Oberfläche ihrer Augen lesen zu können, kniff sie diese zusammen und erneut sackte ich zusammen. „Versuch es gar nicht erst, Tiger. Dein Name“, forderte sie mich auf und wurde immer ungeduldiger. Wie macht sie das? Wie ist das möglich? Ein weiterer Stich folgte und ich stöhnte laut auf. „Shino. Shino ist mein Name!“, rief ich und der Schmerz brach in sekundenschnelle ab. Trotzdem blieb ich auf dem Boden liegen. „Shino also. Aus welchem Stamm bist du?“ „Neros“, antwortete ich prompt, aus angst sie würde mir wieder Schmerzen zufügen. Sie lächelte und kniete sich zu mir. „Hab keine Angst, ich tue dir nichts, Shino. Ich bin eine alte Freundin von Mila, kennst du sie vielleicht?“, erkundigte sie sich mit einer lieblichen Stimme. Außer einem kleinen Nicken gab ich nichts von mir. Nichtmal richtig Atmen traute ich mich in ihrer Gegenwart. „Was weißt du alles über Mila?“, fragte sie nett und ich versuchte meine Sprache wieder zu finden. „Sie ist.. Mila ist bei Lucien. Und.. Und Mila ist verheiratet..“, stotterte ich und ihr Gesicht verzog sich. „Und weißt du auch etwas über ihre Vergangenheit?“ „Nein. Was soll schon sein?“ „Ihr Vater vermisst Mila schrecklich“, sagte sie etwas bedrückt. „Aber.. sie ist doch bei Lucien?“, sagte ich verwirrt und verstand nicht was sie meinte. Mila ist Luciens Tochter. Sie ist bei ihm, also warum sollte er sie auch vermissen? „Lucien ist nicht ihr Vater. Ihr Vater ist Maison.“ Mason? Wer ist das? Warum sagten alle Lucien sei ihr Vater? Wusste sie es selbst überhaupt? Aber vorallem wieso erzählt sie mir das alles? „Hör zu Shino, wir möchten Mila wirklich gerne wieder bei uns haben. Du verstehst das doch bestimmt, oder? Immerhin sind wir ihre Familie. Ohne Mila fehlt da einfach etwas bei uns. Aber Lucien lässt uns nicht mit Mila sprechen, könntest du das für uns tun? Damit würdest du uns einen großen Gefallen tun“, bat sie mich und lächelte. „Ich versuche es“, sagte ich und beruhigte mich langsam. Sie lächelte zufrieden und stand auf. „Aber sage niemandem, dass ich hier war. Sonst werden sie auch dich nicht in ihre Nähe lassen“, warnte sie mich und hüpfte davon.
Nach einer Stunde kamen Silas und Nico wieder und hatten einen Wagen dabei, der nicht mehr ansprang. Den ganzen Tag arbeiteten sie daran und ich hatte auch ein wenig mitgeholfen. Als sie fertig waren zogen sie sich um und setzten sich zu mir auf die Bank. Der Rauch ihrer Zigaretten formte sich in der Luft, bis er vom Wind verweht wurde. Silas verabschiedete sich und ging. „Saphir möchte morgen wieder nach hause kommen“, flüsterte ich und starrte auf den Boden. Er nickte. „Danke Shino, für alles. Aber wieso tust du das? Ich dachte du würdest dich nicht gut mit ihr verstehen?“, fragte er mich ohne mich anszuschauen. „Anfangs war das auch so. Doch dann fand ich sie Draußen. Sie hatte geweint. Ich wusste auch nicht dass sie das ist.. Für mich war sie ein einfaches Mädchen, ein Mensch wie ich noch nie gesehen hatte. Saphir saß auf dem Boden und hatte die Haare vor ihrem Gesicht. Ich dachte sie wäre wirklich ein Mensch und bin selbst in meiner menschlichen Gestalt vor sie getreten, damit ich sie nicht verschrecke. Funktioniert hat das aber nicht wirklich, sie wollte sich mir einfach nicht öffnen. Alleine sitzen lassen wollte ich sie aber auch nicht, weil ich Angst um sie hatte. Also hypnotisierte ich sie und brachte sie in die Höhle, wo sie immernoch ist. In diesen paar Tagen haben wir uns angefreundet. Sie vertraut mir. Ich erinnere mich immer wieder an den Tag wo ich sie so hilflos und alleine gefunden hatte.. Es war wirklich kein schönes Gefühl sie so zu sehen“, erzählte ich ihm. Nun wagte ich ihn anzuschauen, doch auch sein Blick war starr auf den Boden gerichtet. Nico sah nachdenklich aus. Hatte ich was falsches gesagt? „Jetzt sehe ich dich aus einem ganz anderem Winkel, Shino. Ich möchte dir auch etwas erzählen. Früher hatten meine Eltern mich Mila versprochen. Wir sollten heiraten, aber ich liebte sie nicht. Ich habe uns beide aber nicht aufgegeben. Ich dachte die Liebe wächst mit der Zeit. Aber dann traf ich auf Scarlett. Sie war ein einfacher Mensch, angereist um hier ein Praktikum beim Tierschutzverein. Ihr Exfreund Leon ist ihr bis hierher gefolgt und ich habe versucht sie vor ihm zu beschützen. Anfangs war ich nur der Typ, der ihr Auto reparierte. Auf den ersten Blick hatte ich etwas besonderes in ihr gesehen. Mir war klar, wenn ich ihr Auto jetzt reparieren würde, würde ich sie nie wieder sehen. Also dachte ich mir eine kleine Lüge aus, um sie wieder zu sehen. Nach und nach haben wir uns immer mehr getroffen und ich habe mich mit jedem mal mehr in sie verliebt. Ich wusste Scarlett war die einzige für mich, also teilte ich das meinem Stamm mit, welcher mich aber verbannte. Das war mir trotzdem egal. Alles was ich wollte war bei Scarlett sein. Das hatte ich auch geschafft. Dann traf es mich wie ein Schlag: Sie war verschwunden. Lange hatte ich sie gesucht und fand sie halbtot in einer abgelegenen Hütte. Das war ihr Exfreund gewesen. Erst brachte ich Scarlett in einen abgelegenen Teil erstmals in unseren Dschungel. Als sie bereit war, wagte ich es wieder in mein Dorf zurück und dort lernte sie erstmals alle kennen. Von diesem Moment haben wir Zwei miteinander gelebt. Wie sie zum Tiger wurde ist eine andere Sache, was wirklich zählt ist, dass sie nun hier ist, bei mir. Und dass wir glücklich sind. Sehr sogar. Wenn ich mir vorstelle, dass ich sie niemals kennen gelernt hätte, wenn ich nicht so ignorant gewesen wäre, wird mir beinahe schlecht. Wir haben unser Schicksal selbst in die Hand genommen, was ein wirklich großer Schritt war. Eigentlich dachten wir, wir würden bei Saphir alles besser machen, sie ihr Leben lassen, doch als Eltern ist das gar nicht mal so einfach, weißt du? Wir haben Angst um unsere Kinder. Shino, beantworte mir bitte eine Frage: Liebst du Lura wirklich?“ Seine Erzählung hatte ich aufmerksam mitverfolgt. Nico war wirklich zu bewundern. Er hatte sich gegen das Gesetz gestellt, und so mit seiner Existenz gespielt und dennoch hat er das erreicht was er wollte. Aus dieser Begebenheit kann ich einiges lernen. Ich will nicht nach dem Gesetz leben; Eingeschränkt und Gefangen. Meinen Willen möchte ich mir auch nicht nehmen lassen. Es dauerte nicht lange bis ich ihm antwortete: „Nein. Das tue ich nicht. Ich glaube ich habe mich in Saphir verliebt..“ Nico konnte sich ein lächeln nicht verkneifen und nickte. „Worauf wartest du dann noch? Wieso sitzt du hier tatenlos rum?“, sagte er und verkniff sich nur mit viel Mühe ein Lachen. Zögerlich stand ich auf. „Shino, du musst das nicht machen. Egal was du jetzt tust, es wird schon das Richtige sein“, sprach er zuversichtlich und es stand fest: Ich werde Saphir sagen, dass ich mich in sie verliebt habe. Jetzt.

Montag, 15. Juli 2013

(2) KAPITEL 13

SAPHIR

„Saphir? Bist du schon wach?“, flüsterte Shino leise. Natürlich war ich wach. Ich musste darüber nachdenken, was ich ihm anvertraut hatte. Und ich hatte nicht gelogen, ich vertraute ihm. Ich hob meinen Kopf und musterte ihn. Er sah müde und erschöpft aus. „Was ist passiert?“, „Dein Vater.“ Erschrocken starrte ich ihn an. Mein Vater? „Was ist mit ihm?“, ich versuchte den Schock nicht in meine Stimme zu lassen. „Er war bei mir. Ihm ist bewusst, dass du hier bist. Er wollte wissen wie es dir geht und ich soll dir sagen, dass sie dich vermissen und hoffen das du wieder zurück kommst“, sagte er und starrte zu Boden. Er ist traurig. Es versetzte mir einen Stich Shino so traurig zu sehen und zu hören, wie besorgt alle waren. Ich muss zurück. Ich hab keine Wahl. Aber ich will nicht zurück. Und ich habe auch nicht das Gefühl, dass Shino mich loswerden will.. Mir stiegen Tränen in die Augen. „Ich muss zurück“, flüsterte ich und mir kullerten die ersten Tränen hinunter. „Ich weiß“, sagte Shino bitter. Nun wand er seinen Kopf und suchte meinen Blick. Als er ihn fand, sah ich, dass auch er den Tränen nahe war. „Es tut mir leid“, flüsterte ich. Shino schwieg. „Wann willst du gehen?“, fragte er vorsichtig und starrte wieder zu Boden. Ich will nicht gehen. Ich muss. „Ich... Ich weiß es nicht. In zwei Tagen? Wäre das in Ordnung für dich?“, „Natürlich“, sagte er fest und stand auf. „Ich sollte gehen. Es fällt langsam auf, dass ich nicht so oft da bin“, sagte er und tapste zum Ausgang. Irgendetwas wollte ich sagen. Etwas was ihn aufhalten sollte, etwas was ihm sagen sollte, was ich für ihn empfand. Aber ich konnte es nicht. Es war gegen das Gesetz. Ich hasse dieses Gesetz! Wieso bestimmt man unser Schicksal? Haben wir den keine Wahl? - Nein. Die haben wir nicht. Es ist als würde man uns wegsperren. Als hätten wir ein Verbrechen begangen. Wir sind noch Kinder und haben nichts zu sagen. Ist das fair? - Nein. Aber wir sind gezwungen, damit zu leben. Was soll ich nur dagegen tun? Mich gegen die Gesetze auflehnen? Einen Aufstand machen? - Nein. Das darf man nicht. Wenn man Unruhen verbreitet, wird man verbannt. Und deswegen wollte ich auch niemandem von Lian erzählen. Er und Aya würden verbannt werden, und das will ich nicht. Ich wäre weiterhin dort – gefangen. Lieber möchte ich gehen und meinen eigenes Leben leben. Also wäre es gar nicht so falsch, einen Aufstand zu machen. Vielleicht wäre es sogar das Beste. Für mich, Lian und Aya. Und was wird aus Shino? Er wird Lura heiraten. Glückwunsch, dachte ich bitter. Wut stieg in mir auf, über all diese Gesetze. Langsam holte ich tief Luft und ließ einen kräftigen Brüller in der Höhle als Echo erklingen. Es ist nicht fair, dachte ich wütend und plötzlich hörte ich draußen Donner und Blitzschlag. Wieso gewittert es? Es war gerade noch gutes Wetter!, dachte ich verwirrt. Ich hörte noch weitere Donnerschläge und nun auch die Regentropfen, welche auf den Wasserfall prasselten. Erschrocken fuhr ich hoch, als Shino wieder in die Höhle sprang. Er war völlig durchnässt und seine Augen waren aufgerissen. „Es gewittert hier total selten und ich dachte es wäre nicht so klug, im Dschungel unter Bäumen zu stehen wenn Blitze einschlagen. Ich bleibe hier bis das Unwetter wieder vorbei ist“, sagte er aufgeregt. Ich musste lächeln, aber meine Wut war noch lange nicht vorbei. Langsam tapste Shino zu mir und legte sich neben mich. „Ehrlich gesagt mag ich das Gewitter. Es beruhigt mich“, sagte ich leise. Shino schaute mich an und erwiderte ruhig: „Ich weiß was du meinst.“ Und so lagen wir nebeneinander und warteten das Gewitter ab. Dabei entstand so eine Ruhe, dass ich schon dachte meinen eigenen Herzschlag hören zu können. Diese Ruhe war nicht so eine unbehagliche, wo man nie weiß was man sagen soll. Sie war angenehm. Auch wenn ich mir lieber wünschte, dass Shino mit mir reden würde. Wir haben nur noch zwei Tage Zeit. Danach wird alles anders werden. Er wird irgendwann Lura heiraten und was mit mir passieren wird, weiß ich nicht. Vielleicht werden wir nie wieder miteinander reden können. Vielleicht wird das in zwei Tagen ein 'Leb wohl' für immer...

Mittwoch, 10. Juli 2013

(2) KAPITEL 12

SHINO

Fröhlich sangen die Vögel ihre Lieder zum späten Nachmittag. Ihr gezwitscher war die schönste Musik, es war als würden sie eine Geschichte erzählen. Aber was konnten ein paar Vögel schon erzählen? Über die Lüfte und die weite Welt vielleicht, denn von Problem wohl eher kaum. Allein an vier Tagen, oder auch mehr oder weniger, konnte ich mehr Probleme aufzählen, als sie es in ihrem ganzen Leben können würden. Wie schön es sein musste ein Vogel zu sein. Fliegend und unbeschwert durch die Lüfte gleiten. Hoch hinaus über die Wolken bis zu den Sternen. Das bedeutete wahre Freiheit. Gehen wann man will, wohin man will, aber vorallem: mit wem man will. Müde legte ich mich nieder und schaute träge nach oben. So gerne wäre ich ein Vogel, so wie ihr. Jeden Abend mein Lied vom Tag singen, immer ein anderes. Auf dem höchsten Ast würde ich mein Nest bauen und von oben auf alle herabschauen. Dann fände ich dort draußen ein Weibchen aus einem anderen Lande. Tags würden wir die Welt zusammen umfliegen und Abends Lieder singen. Lieder von uns, unserer Heimat und unserer Wünsche und Träume. Irgendwann käme ich dann nach hause und fände kleine bezaubernde Küken wieder, welchen ich meine Geschichten erzählen würde. Jeden Abend würden sie auf mich warten, mich freudig begrüßen. Ich würde sie fliegen lehren und sie eines Tages alleine in die Freiheit lassen. Sie ihr eigenes Leben leben lassen, ihre Wünsche und Träume. Ihre Lieder von der Welt singen lassen. Mit meinem Weibchen würde ich weiterleben und Abenteuer erleben. Wenn ich mein letztes Lied singen würde, würde es von meinem Leben und meiner Geschichte handeln. Wie frei und sorglos ich wäre, dass mein Leben lebenswert gewesen wäre. Dann würde ich verstummen und mein Lied würde ein anderer auffassen und weitergeben, so wie ich das getan hatte. Ich wäre weg, doch mein Lied würde weiter gesungen werden, von Vögeln, die ich nicht kannte und von Tieren, die sie hörten. So wie ich jetzt würden sie hier liegen und lauschen. Sich ausmalen dieses Lied käme von ihnen und es wäre ihre Geschichte gewesen. Ich wusste in meinem anderen Leben würde ich gerne ein Vogel werden. Mehr als alles andere wünsche ich mir das. Aber nicht jetzt. Bevor ich die Freiheit genießen kann, muss ich erst mal in Gefangenschaft überleben, mich durchlagen und durchkämpfen. Erst dann verdiene ich die Freiheit. Langsam schloss ich meine Augen und hörte weiterhin die Lieder der Vögel an. Sie waren wunderschön und so befreiend. Bis ich einschlief versuchte ich die Geschichten zu verstehen, doch für mich blieb es nur eine fröhliche, helle Melodie. Wie ein Geheimnis, dass nur die Vögel kannten. Niemand außer ihnen hatte es verdient, diese zu kennen. Also auch ich nicht.

NICO

In einem Tempo, das unvorstellbar war, rannte ich so schnell ich konnte durch die Felder, bis ich am Dschungel ankam. Doch dort steigerte ich mein Tempo sogar und wich problemlos allen Bäumen und Sträuchern aus. Wie ein Blitz schnellte ich bis zum Feind und blieb mitten in ihrem Dorf stehen. Sorge und Wut plagten mich. Niemand konnte sich vorstellen wie sehr sie mich innerlich auffraßen. Mein Brüllen verursachte fast ein Erdbeben und prompt standen sie alle um mich herum. Ihre Augen durchbohrten mich und ihr Knurren drang durch meine Ohren. Hier rein und da raus. Das war mir zu viel. Ein gefährliches Knurren von mir und alle verstummten. Sie hatten keine Angst, sie wollten mich nur anhören. Da trat auch schon der Mann hervor, zu dem ich eigentlich wollte. Die wohl wichtigste Person des Rudels. Chaisen. „Nico, was für eine nette Überraschung. Was führt dich in mein Dorf?“, fragte er sarkastisch und blieb ein paar Meter vor mir stehen. „Wo ist sie?“, fragte ich wütend. „Wo ist wer?“ Seine Stimme hatte einen hinterlistigen Ton angenommen und durch Sarkasmus geprägt. Er versuchte unschuldig zu klingen, doch das provozierte mich umso mehr. „Wo ist sie? Wo verdammt ist meine Tochter?!“ Als ich einen Schritt vorwärts machte fingen die anderen an zu knurren. Chaisen deutete ihnen sie sollen still sein und sofort verstummten alle. „Deine Tochter? Ach deine kleine Saphir. Du hast sie mir ja gar nicht vorgestellt, fällt mir grade so auf“, erwiedert er und nähert sich mir ebenfalls. „Ich habe sie dir aus gutem Grund nicht vorgestellt“, knurrte ich. „Na, wieso denn so verärgert mein Freund, ich bin sicher wir können das ganz leicht regeln. Wie wäre es mit einem Deal? Wir bekommen meine Tochter zurück und du deine. Wie wäre das?“ „Mila will aber nicht zu euch!“ „Bist du dir da wirklich sicher Nico? Habt ihr ihr nie die Wahrheit erzählt? Will sie wirklich nicht zu ihrer Familie, zu ihrem Vater?“ Ein kleiner Schauer überfuhr mich. Nein, Mila wusste nicht was geschehen war. Sie durfte es auch niemal erfahren. Das würde unseren ganzen Stamm zerreißen. Sie war mutig und eine gute Freundin. Ganz davon abgesehen, dass ich sie fast geheiratet hätte. Mila würde nicht in ihr altes Rudel wechseln, da war ich mir ganz sicher. Das würde sie uns nicht antun. „Na, wieso bist du denn so still, Nico?“ „Erst will ich Saphir sehen, dann reden wir weiter“, stellte ich ihm klar und stellte mich grade hin. „Sie ist nicht hier“, hörte ich eine bekannte Stimme rufen. Natürlich, es war Alice und sie kam schnurstracks auf mich zu. Sofort ließ ich Flammen zwischen uns aufgehen, sodass sie sofort zurücksprang. „Komm bloß nicht näher, ich warne dich“, fauchte ich ihr zu und sie fing an zu lachen. „Bist du immernoch sauer wegen der Sache von damals? Wie naiv du doch nur warst. Und nun warne ich dich mein Lieber: Du weißt ich bin stark. Versuch es auch nur und du wirst winselnd am Boden liegen“, sagte sie grinsend und stellte sich zu Chaisen. Lange schaute ich den Beiden in die Augen. Niemand um uns herum wagte es auch nur einen kleinen Laut von sich zu geben. „Ihr wisst nicht wo sie ist“, sagte ich ernst und sie grinsten. „Aber ich meine sie gesehen zu haben. Da war ich mit Gekk unterwegs und er hatte sich von mir abgewand“, sagte Kronx mit einer tiefen Stimme. Sofort suchte ich mit den Augen das Rudel ab, bis ich ihn fand. Ich sprang auf ihn zu und schenkte ihm Blicke, die ihn erzittern ließen. „Du hast sie gesehen. Wo ist sie?“ fragte ich ihn einmal. „Ich weiß es nicht“, antwortete er mir. Wut stieg in mir auf. „Wo ist meine Tochter? Du hast mit ihr geredet. Sag mir wo sie ist!“, brüllte ich Gekk an. „Ich weiß es wirklich nicht. Mir fehlt jede Erinnerung an den Tag. Ich weiß nicht mal wer deine Tochter ist“, sagte er diesmal leiser und zog sich zurück. Bei seinen Worten öffneten sich meine Augen. Ich wusste wo Saphir war, naja indirekt. Ohne auch nur ein weiteres Wort zu verlieren rannte ich weg. Aber klar, wieso bin ich da nicht schon früher darauf gekommen. Anstattsie außerhalb zu suchen, müssen wir sie innerhalb suchen! Anstatt bei Feinen zu suchen, müssen wir bei Freunden suchen.. Shino hat sich als einziger aus dieser Sache rausgehalten, weil er genau weiß, wo sie ist. Sie ist bei Shino!
Während ich zu ihm lief überlegte ich was ich zu ihm sagen wollte. Doch irgendwie war ich zu keinem Entschluss gekommen und musste das ganz spontan machen. Shino war alleine im Dorf, alle anderen waren unterwegs und würden bald auch wiederkommen. Er lag auf dem Boden und schlief, trotzdem fing ich an zu reden: „Shino, bitte wach auf“, befahl ich ihm und er öffnete langsam seine Augen. „Es tut mir Leid, dass ich dich wecke, aber ich muss mit dir reden“, entschuldigte ich mich bei ihm und er setzte sich auf. „Worum geht es denn?“, fragte er vorsichtig. „Es geht um Saphir. Ich weiß, dass sie bei dir ist“, fing ich an. „Nein, sie ist nicht bei mir, zumindest sehe ich sie nicht“, sagte er blitzschnell. „Aber du weißt wo sie ist. Bitte, ich mache mir große Sorgen um meine Tochter. Kannst du mir nur sagen wie es ihr geht? Mehr verlange ich nicht“, flehte ich ihn an. Stille. Er wandte seinen Blick ab und schaute an mir vorbei. Lange Zeit saßen wir so, doch ich blieb ruhig. „Es geht ihr gut“, sagte er leise. „Danke. Kannst du ihr sagen, dass wir sie alle vermissen? Scarlett und ich sind schon ganz krank vor Sorge..“ „Saphir möchte nicht zurück“, sagte er schnell und ich stutzte. „Vermisst sie uns denn nicht?“, sprach ich meine Gedanken aus, doch ich wollte darauf keine Antwort. „Shino, bitte rede mit ihr und sorg dafür, dass es ihr gut geht! Ich verlasse mich da auf dich. Wenn sie beschließt wieder nach Hause zu kommen werden wir dort alle auf sie warten. Ich muss jetzt gehen“, verabschiedete ich mich. „Ich passe auf sie auf!“, rief er mir noch nach und schon verschwand ich außer seiner Sichtweite. Zu hause traf ich dann Chayenne, welche grade gehen wollte. „Ich habe sie gefunden“, rief ich und sofort hatte ich die volle Aufmerksamkeit. „Wo ist sie?“, fragte Scarlett beinahe mit Tränen in den Augen. Nach kurzem zögern antwortete ich: „Es geht ihr gut, aber sie wird von alleine kommen. Saphir braucht noch ein wenig Zeit. Es geht ihr gut, sie ist in guten Händen“, sagte ich voller Zuversicht und Scarlett lehnte sich an mich. „Es geht ich gut, Liebes“, tröstete ich sie.

Montag, 8. Juli 2013

(2) KAPITEL 11

SAPHIR

Ich tapste erschöpft in die Höhle und ließ mich nieder. Die ganze Zeit über musste ich an Shino dachten, wie er sich vor Gekk gestellt hatte um mich zu schützen. Aber er hatte noch etwas gesehen. Wieso wollte er es mir nicht sagen? Verdiene ich die Wahrheit denn so wenig? Aber er hat mich beschützt. Nach einer kurzen Weile stolperte auch Shino in die Höhle und ließ sich neben mir nieder. Was war mit Lura? Er schien müde und erschöpft, genauso wie ich. Aber ich musste trotzdem fragen: „Was ist passiert?“ Shino schaute mich an und es schien als durchbohrte sein Blick den meinen. Da war wieder dieses Gefühl welches immer wieder sagt: „Pass auf, gleich hypnotisiert er dich wieder!“ Also wand ich meinen Blick ab und schaute einfach zu Boden. „Sie ist weggegangen.“ „Wieso?“, fragte ich neugierig. Er schwieg. Dann holte er tief Luft und antwortete etwas gekränkt: „Weil ich ihr gesagt hab, dass es wichtigere Dinge gibt als sie.“ Ich musste lächeln und fühlte mich plötzlich ziemlich wohl. Aber es fühlt sich auch falsch an. Ich gehöre nicht zu ihm, ich gehöre zu Lian. Zwar liebt er mich nicht aber es ist Gesetz. Und Shino? Er gehört zu Lura. Damit muss ich mich wohl abfinden. Sollte ich nach Hause gehen? - Ja. Wollte ich das? - Nein. Es war gerade schön, jemandem zum Reden zu haben. Auch wenn da etwas komisches zwischen uns war, fühlte es sich teils richtig aber auch teils falsch an. Womit kann ich das ändern? Diese Gesetze haben einem das Leben vorherbestimmt! Das ist nicht fair!
„Danke übrigens“, flüsterte ich. „Wofür?“, „Dafür das du mich vor diesem Gekk beschützt hast“, „Ich hab nur das Richtige getan“, „Wirklich?“ Meine Frage lag in der Luft und wieder war da dieses Schweigen. „Du versteckst mich hier, entfernst dich von deinem Rudel und streitest mit Lura. Ist das das Richtige?“ Shino schwieg weiterhin. Ich schaute ihn an und fing seinen Blick. Er war verletzt und doch strahlten sie. „Streit kann passieren. So ist das Leben und das ich mich etwas entferne ist nicht neu.“ Mir fiel auf, dass er die erste Frage nicht beantwortete. Aber wenn er nicht bereit dazu war, darüber zu sprechen, musste ich das akzeptieren. „Liebst du Lura?“, brachte ich heraus. Die Worte blieben mir fast im Hals stecken und ich musste sie einfach stellen. Shino fing meinen Blick erneut und antwortete fest: „Ich weiß es nicht. Es ist kompliziert. Und du? Liebst du Lian?“ Diese Frage war leicht zu beantworten. Trotzdem wählte ich meine Worte sorgfältig. „Ich habe es nie getan.“ „Aber du schienst ziemlich verliebt in ihn zu sein, zumindest als ich das erste mal in eurem Rudel war“, flüsterte Shino. Etwas lag in seiner Stimme was ich nicht zuordnen konnte. „Ich hab mir eingeredet, dass ich ihn lieben würde. Immerhin muss ich mein Leben mit ihm verbringen. Also hab ich versucht mich ein bisschen zu öffnen, in der Hoffnung das ich mich in ihn verlieben würde. Aber was daraus geworden ist, wissen wir ja beide. Es ist schwer sich für jemandem zu öffnen. Vertrauen findet man einfach zu selten“, gestand ich. Shino überlegte kurz und fragte vorsichtig: „Vertraust du mir?“ Ich hatte diese Frage zwar schon erwartet, trotzdem war sie schwer zu beantworten. „Am Anfang nicht. Dann baute sich etwas auf, aber du hast es wieder zerstört“, sagte ich bitter. Shino wand seinen Blick ab und ich konnte seine Trauer quasi in der Luft knistern hören. „Aber...“, begann ich und er schaute mir wieder in die Augen. „... jetzt vertraue ich dir. Ich weiß ehrlich gesagt nicht warum, und ich weiß ich sollte vorsichtig sein. Jedoch strahlst du etwas aus, etwas was mich berührt. Und trotz dieser einmaligen Hypnose-Geschichte, hast du dir mein Vertrauen verdient. Also ja. Ich vertraue dir.“ Shino lächelte mich an und fesselte meine Augen, wobei er wieder dieses vertraute, beruhigende Gefühl ausstrahlte. Ich wollte ihn fragen ob er mir vertraute, aber ehrlich gesagt wollte ich es nicht hören. Es reichte mir, wenn er einfach hier bei mir war, mir zuhörte und mich nicht allein ließ. Ich bereite ihm viele Umstände. Das will ich nicht, dachte ich traurig. Shino stand auf und tapste zum Ausgang. „Es tut mir leid, dass ich dir Probleme bereite. Das war nie meine Absicht“, sagte ich fest. Er drehte sich um und sagte ruhig: „Du machst keine Probleme. Es ist schön dich hier zu haben. Schlaf nun, ich werde morgen früh wieder kommen.“ Ich nickte und legte meinen Kopf auf meine Pfoten. Ruhig beobachtete ich ihn. Und als er aus der Höhle verschwand, verfiel ich in einen festen Schlaf. Wie nicht anders zu erwarten, träumte ich von Lian, Aya... und Shino.

Freitag, 5. Juli 2013

(2) KAPITEL 10

SHINO

Verdammt, was habe ich jetzt schon wieder angestellt? Warum kann ich denn nie was Richtig machen? „Saphir, warte doch bitte!“, rief ich ihr hinterher, doch sie blieb nicht stehen, im Gegenteil, sie wurde sogar noch schneller, doch ich konnte Problemlos mithalten und beeilte mich ebenfalls, bis ich sie überholte und vor ihr stand. Saphir blieb abrupt stehen. „Was willst du? Wenn du versuchen willst mich schon wieder so zu verarschen, dann vergiss es gleich!“, knurrte sie mich feindselig an. „Es tut mir Leid, wie oft soll ich dir das noch sagen? Ich wollte dir nie etwas böses, sondern nur das Beste! Verarscht habe ich dich schon mal gar nicht, alles was ich getan habe ist den Schmerz von dir genommen, damit du ruhig schlafen konntest! Du musst mich doch auch verstehen, es war Nothandel“, versuchte ich ihr zu erklären und sie schaute mich an. Kurz standen wir so voreinander, schweigend und in Gedanken versunken. Plötzlich zuckte Saphir zusammen und machte leichte Schritte zurück. „Bring mich zurück, sofort“, flüsterte sie mir zu und ich schaute mich irritiert um. Wo sind wir hier? Es ist eindeutig nicht mehr unser Gebiet, das wüsste ich.. „Los jetzt!“, drängte sie. „Ich weiß nicht wo wir sind“, flüsterte ich immer leiser werdend und duckte mich ebenfalls. „Leg dich hin und beweg dich nicht!“, befahl ich ihr und ohne Wiederworte legte sie sich hin. Rascheln war aus allen Richtungen zu hören. Vorsichtig platzierte ich mich neben Saphir und legte meinen Kopf auf den Boden. Sie zitterte. „Hab keine Angst, ich bring uns hier wieder raus“, versicherte ich ihr. Ein lautes Brüllen hallte an uns vorbei, gefolgt von einem zweiten und kurz darauf von noch einem dunklerem und intensiverem Brüllen. Wir zuckten beide zusammen und wagten kaum auch nur noch einen weiteren Atemzug zu machen. Das Brüllen verstummte und es wurde wieder ganz ruhig. So ruhig, dass ich mich sicher genug fühlte, um mich aufzurichten. Auch Saphir setzte sich langsam auf und atmete tief durch. Mit einer kurzen Kopfbewegung deutete ich ihr mir zu folgen. Langsam und aufmerksam tastete ich mich vorwärts. Saphir schlich mir hinterher und versuchte keinen Pieps zu machen. Als wir dachten keiner wäre mehr hier, sprang plötzlich ein heller großer Tiger vor mich und fing an zu knurren. Während Saphir sich zurückzog blieb ich mutig vor ihm stehen und bewegte mich kein bisschen. Vielleicht sah das heldenhaft aus, wie ich sie vor einem doppelt so großen Tiger beschützen wollte, doch innerlich schrie ich mir die Seele aus dem Leib. Mein Herz schlug mir bis zum Hals, als er auch noch anfing zu fauchen. Er ging in Angriffsposition. Was mache ich nun? Bin ich eigentlich nicht mehr ganz dicht im Kopf? Dieses Monster legt mich doch mit nur einem Hieb um! Moment.. Je mehr Angst ich zeige, desto sicherer fühlt er sich... Nein, auch wenn er mir körperlich überlegen ist, so bin ich im doch geistig viel überlegener. Denn eines steht fest: Er kann mich nicht manipulieren, zumindest nicht auf meine Art. Ich hatte keine Zeit mehr lange so herum zu stehen und zu warten bis er mich endgültig in tausend Fetzen zerreißen würde. Kurz bevor er grade abspringen wollte fing ich seinen Blick. Meine Augen verschmälerten sich und ich baute eine Bindung zwischen ihm und mir auf. Man konnte es mit einem Faden vergleichen, welcher zu einem festen Seil wuchs. Als ich mir sicher war, dass dieses Seil nicht reißen würde, machte ich einen Schritt auf ihn zu. Seine Augenfarbe ist von einem tiefen Schwarz in ein helles Grau übergegangen. Starr saß er da, immer noch in seiner Angriffsposition. Je näher ich an ihn kam, desto stärker wurde das Seil. „Steh auf!“, befahl ich ihm. „Wie lautet dein Name, Fremder?“, fragte ich ihn. „Gekk“, antwortete er emotionslos. Da ich ihn nun hundert prozentig unter Kontrolle hatte, wagte ich noch einen Schritt weiter; den in seine Erinnerungen. Was ich hier sah, schockierte mich. Ich musste nicht tief wühlen, da sah ich bereits ein bekanntes Gesicht: Mila. Was hat es damit auf sich? Ich suchte weiter und fand noch weitere Tiger seiner Art, er gehörte dem Stamm eines Masons an. Wer das war, wusste ich selbst nicht, doch ich prägte mir sein Gesicht ein. Des weiteren stieß ich oftmals auf den Namen „Saphir“. Ein genaues Bild von ihr fand ich nicht, nur einen schemenhaften Umriss. Trotzdem löschte ich direkt alles was mit ihr zu tun hatte. Mehr wollte ich nicht wissen. Es würde zu lange dauern seine ganzen Gedanken zu durchsuchen, also ging ich zurück in die Realität. Nun sah ich wieder seine Augen. „Bring uns sicher hier raus!“, sagte ich stumpf und er bewegte sich. Am Rand des Dschungels blieb er stehen, sein Blick immer noch starr grade aus gerichtet. Ich nickte und deutete ihm zu gehen. Denn je tiefer er in den Dschungel tauchte, desto schwächer wurde die Verbindung zwischen uns, bis der dünne Faden endlich riss. In der Zwischenzeit waren auch wir weiter gerannt, bis wir endlich auf dem richtigen Weg zurück zu meinem Stamm waren. „Hast du das selbe mit mir gemacht?“, fragte sie mich ohne mich anzusehen. „So ungefähr. Aber ich wollte dir nichts böses. Es tut mir Leid wenn ich dir damit Schaden zugefügt hatte“, entschuldigte ich mich. „Du warst in seinem Kopf, oder? Hast du da etwas gesehen?“ Kurz dachte ich nach. Sollte ich ihr sagen, dass sie Mila gesucht hatten? Sollte ich ihr sagen, dass sie Jagd auf sie machten? Nein, das würde sie nur verunsichern.. Nach einer langen Pause antwortete ich ihr: „Ja, aber nichts besonderes. Er gehört zu Masons Stamm, aber wer dieser Mason ist weiß ich auch nicht.“ „Du hast noch mehr gesehen, du willst es nur nicht zugeben“, flüsterte sie kaum hörbar. „Hast du bei mir noch mehr Erinnerungen verdrängt? Was hast du alles gesehen?“, fragte sie unsicher. „Saphir, bitte. Das habe ich dir doch bereits gesagt. Ich habe nicht in deinen Erinnerungen gewühlt und nur die Erinnerung an mich gelöscht. Das wars“, beendete ich die Diskussion.

Ich führte sie bis zum Wasser, von wo sie alleine weiterging. Etwas in mir drinnen sagte mir, dass sie immer noch verletzt war und mir nicht wirklich glaubte. „Du solltest jetzt gehen, Lura ist hier“, sagte sie noch. „Ich komme später zu dir“, versicherte ich und sie verschwand. Wie und wann hatte sie sie gesehen? Hinter mir hörte ich rascheln und ich deutete an, dass ich trinken würde. „Shino? Da bist du ja!“, rief Lura überschwänglich und küsste mich. „Oh, Lura. Schön dich zu sehen“, sagte ich irritiert und fragte mich, ob das hier Richtig war. Ist es das was ich will? Luras Nähe spüren und sie bei mir haben? Es ist schön und seltsam zugleich... Mein Blick fixierte den Wasserfall. Nein, ich bilde mir das alles bestimmt nur ein! „Was ist denn da?“, fragte Lura neugierig und starrte ebenfalls in die selbe Richtung. „Nichts. Nichts ist da. Ich finde.. dieser Ort ist überwältigend“, log ich und schaute sie an. „Also, was machst du überhaupt hier?“, versuchte ich sie abzulenken. „Ich wollte dich sehen, weißt du, ich habe dich vermisst“, piepste Lura ein wenig traurig und kuschelte sich an mich. Irgendwie fühlte es sich nicht so an wie Anfangs. Lura überforderte mich ein wenig. Dieser Moment war persönlich, zu persönlich für mich, doch ich wollte sie nicht verletzten. „Suchst du denn nicht Saphir?“, erkundigte ich mich und sie stutzte. Habe ich was falsches gesagt? „Ähm nein, wieso sollte ich, wenn alle anderen das schon tun?“ „Sorgst du dich denn gar nicht um sie? Vielleicht braucht die ja Hilfe“, versuchte ich ihr zu verdeutlichen und wollte eine vernünftige Erklärung. „Was willst du eigentlich von mir? Ich komme extra her um dich zu sehen und du? Du redest die ganze Zeit nur über diese Saphir! Alle reden nur von Saphir. Keiner hat Zeit für mich, keinen interessiert es wie es mir geht oder was ich mache“, sagte sie etwas gekränkt. „Es dreht sich nun mal nicht alles nur um dich! Manchmal gibt es auch wichtigere Dinge“, platzte es aus mir heraus und ich erschrak genauso über meine Worte wie Lura. Tränen füllten ihre Augen. „Achso, ich verstehe. Vielleicht sollte ich dann lieber gehen“, sagte sie kopfschüttelnd und ging beleidigt davon. Einer musste es ihr ja sagen. Und dieser Einer bin anscheinend ich. Aber jetzt mal ehrlich; wie eingebildet und selbstverliebt ist dieses Mädchen eigentlich? Was ist mit der nur falsch gelaufen? 

Mittwoch, 3. Juli 2013

(2) KAPITEL 9

SAPHIR

In meiner tierischen Gestalt schlang ich das Fleisch hinunter und verwandelte mich dann wieder zurück. Langsam setzte ich mich hin und schaute Shino an. Wieso ist er so nett zu mir? Womit hab ich das verdient? Mir wurde auch etwas bewusst. Ich konnte nicht weg. Ich wollte nicht weg. „Ich will hier nicht weg“, sagte ich ruhig. Shinos Blick fing meinen und ich sah Mitgefühl in ihnen. „Ich weiß das es schwer ist, ich kann auch nicht sagen, dass ich weiß wie du dich fühlst. Denn das wäre gelogen. Aber ich werde für dich da sein“, „Wieso?“. Auf diese Frage hin musste er lange überlegen. Er klang unsicher, jedoch auch stolz als er antwortete. „Weil ich mich für dich verantwortlich fühle. Außerdem passiert hier nie etwas Interessantes.“ Ich musste lächeln. Das war eine gute Antwort. Shino kam näher und musterte mich. „Bist du verletzt oder schwach?“, „Ich und schwach?“, gab ich empört zurück. Er musste lächeln und langsam setzte er sich neben mich, wobei er mich immer noch musterte. „Mir geht es soweit ganz gut. Und dir?“, „Ich lebe noch“, gab er zurück und wand den Blick ab. Auch ich wand den Blick ab und sah auf den Wasserfall. Es war glatt hypnotisierend und wunderschön zugleich. Wie sollte das weiter gehen? „Weißt du, es ist schön mit dir zureden. Du hast mir schon viel geholfen und ich bin dir verdammt dankbar“, flüsterte ich in das Schweigen. Er sah mich an und vorsichtig umarmte ich ihn. „Du bist ein richtiger Freund“, flüsterte ich. Er verstärkte seinen Griff und ich spürte, dass er wieder lächelte. „Stör ich euch?“, fragte plötzlich eine mir fremde Stimme. Sofort löste sich Shino aus der Umarmung und sprang auf. Mit großen Augen starrte er das Mädchen vor uns an. Ich war ziemlich verwirrt. Schließlich kannte ich keine Tiger in Menschenform. Das Mädchen hatte lange, glatte schwarze Haare und braune Augen. „Malou“, flüsterte Shino. Er rührte sich immer noch nicht. „Du wusstest das sie hier ist und hast nichts gesagt? Ihr ganzes Rudel läuft fast Amok! Shino, was soll das?“, fragte Malou entgeistert. „Ihr geht es nicht gut und sie will nicht zurück – vorerst. Bitte Malou, hilf mir! Ich kann sie nicht zurückschicken!“, „Oh nein Bruderherz! Das kannst du vergessen! Ich lass mich nicht auf so einen Schwachsinn ein!“, „Kann ich mal mit dir reden? Bitte?“, fragte Shino traurig. Malou nickte genervt und Shino deutete auf den Wasserfall. „Du zuerst“, sagte er und Malou verwandelte sich. Elegant sprang sie durch den Wasserfall und auch Shino verwandelte sich. Er schaute mich noch einmal besorgt an wobei ich ihn anlächelte. „Mach dir keine Sorgen, mir geht es gut“, versicherte ich und auch Shino sprang durch den Wasserfall. Womit möchte er sie überzeugen? Hat das den überhaupt einen Sinn? Sollte ich nicht doch einfach zurück zu meinem Rudel? Immer diese Fragen... Eine lange Zeit später sprang Malou wieder durch den Wasserfall und verwandelte sich in ihre menschliche Gestalt. Ruhig kam sie auf mich zu und ließ sich neben mir nieder. Auch sie hatte diesen mitfühlenden Blick. „Wo ist Shino?“, fragte ich ruhig. Sie machte mir keine Angst, eigentlich wirkte sie ziemlich sympathisch. „Er schaut nach Kaito. Der müsste hier noch durch die Gegend laufen. Er hat gesagt das er gleich wieder kommen würde und ich wollte mit dir reden.“ Na toll. „Wie geht es dir, Saphir?“, „Mir geht es gut. Ich bin nur erschöpft und...“, ich brach ab. Sie sah mich fragend an. „Du kannst es mir erzählen. Ich möchte mich gerne in deine Lage hineinversetzen können“, „Oh nein, dass möchtest du bestimmt nicht“, gab ich traurig zurück. Nach kurzem Schweigen beschloss ich doch, ihr alles zu erzählen. Ich brauchte mal eine Freundin mit der man so über Jungs reden konnte und Malou schien dafür genau richtig.
Nachdem ich damit geendet hatte, dass ich hier aufgewacht bin ohne jegliche Erinnerung, runzelte sie die Stirn. Nach kurzem Schweigen fragte sie ruhig: „Wie viel bedeutet dir Shino?“ „Er ist nett und scheint ein guter Freund zu sein...“, „Nein, dass meinte ich nicht. Wie viel bedeutet er dir?“ Das war eine gute Frage. Was kann ich dazu sagen? Ich hatte das Gefühl ihm vertrauen zu können. Und das ist selten bei mir. Wie viel bedeutet er mir? - Ziemlich viel. Wenn ich ihn verlieren würde wäre es komisch. Und er scheint mich als Einziger noch nie angelogen zu haben. „Er bedeutet mir wirklich viel. Er hat mich noch nie angelogen und das bewundere ich an ihm.“ Malou schaute mich plötzlich traurig an. „Du solltest vielleicht wissen, dass Shino eine Gabe hat.“ „Eine Gabe? Was für eine?“, „Er kann hypnotisieren...“, flüsterte Malou mitfühlend. Und sofort wurde mir etwas klar. Er hat mich belogen! Er hat mich hierher gebracht! Unter Hypnose! Er hat mich alles vergessen lassen! Und ich wollte ihm wieder vertrauen. Wie konnte ich nur so dumm sein? „Du solltest jetzt gehen“, flüsterte ich traurig und wütend zugleich. Malou schaute mich noch einmal traurig an und ging dann. Kurze Zeit später kam Shino wieder und gesellte sich zu mir. Doch ich kam ihm zuvor. Ich sprang auf und er blieb abrupt stehen. „Du hast mich belogen! Du hast mich hypnotisiert um mich hierher zu bekommen und du hast mir meine Erinnerungen genommen! Wieso? Wie konntest du nur? Ich habe dir vertraut!“, schrie ich ihn an. Er schaute mich verletzt an und sagte: „Du hättest mich dir nicht helfen lassen. Ich wollte doch nur das es dir besser geht. Ich wollte dir helfen! Und du solltest dich nicht an mich erinnern weil ich dir keine Angst machen wollte! Du wärst nie in der Höhle geblieben. Es tut mir leid, aber ich wollte wirklich nur das Beste für dich!“ „Ich kann dir nicht mehr vertrauen! Du hast mich belogen und wahrscheinlich nicht nur bei der Sache! Ich habe in dir einen Freund gesehen, doch nun sehe ich einen Fremden! Ich kann einfach nicht mehr. Verstehst du das? Meine Nerven sind kaputt, wegen Aya, Lian und nun auch wegen dir! Ich kann nicht noch einen weiteren Lügner in meinem Leben gebrauchen! Ich wünschte ich hätte dich nie kennengelernt!“, schrie ich. Ich wollte ihm einfach alles sagen, was ihm am meisten verletzen könnte. Als ich schließlich Verzweiflung und Trauer in seinem Blick sah, wusste ich das mir das gelungen war. Nun musste ich nur noch hier raus. Weg aus diesem Dschungel und einfach weg von Shino. So stürmte ich an ihm vorbei, verwandelte mich in einen Tiger und sprang durch den Wasserfall. Ich lief los, einfach irgendwohin. In einen fremden Dschungel hinein. Nach ein paar Sprüngen merkte ich schon, dass Shino mir folgte. Und er war verdammt schnell. 

Montag, 1. Juli 2013

(2) KAPITEL 8

SHINO

Tränen kullerten über ihre Wangen und ich hatte keine Ahnung was ich tun sollte. Ich meine, es sitzt natürlich auch jeden Tag ein attraktives Mädchen vor mir und heult sich die Augen aus. Wie denn auch, wenn ich, außer meiner Schwester, was aber nicht zählt, noch nie in meinem ganzen Leben ein richtiges Mädchen gesehen habe? Bitte, hör auf, ich glaube ich bin sogar verzweifelter als Saphir.. „Bitte Saphir, weine nicht“, flüsterte ich und setzte mich neben sie. Für einen kurzen Augenblick hielt sie inne und hörte auf zu schluchzen. Dann drehte sie sich zu mir und schaute mich fassungslos an. „Weine nicht ist das alles was dir einfällt? Weißt du, jetzt geht es mir auch direkt besser. Vielen Dank. Ich meine ich hab grade eben erfahren, dass mich mein Freund mit diesem kleinen Miststück betrügt und du kommst mir hier mit weine nicht? Oh klar, ich tue einfach so als wäre nichts gewesen und hüpfe glücklich durch den Dschungel!“, schrie sie mich an. Doch sofort milderte sich ihre Wut wieder und ihre Augen füllten sich erneut mit Tränen. „Du hast einfach keine Ahnung wie weh das tut“, schluchzte sie nur noch und drehte sich weg. Ich fühlte mich schlecht. Toll gemacht, Shino. Jetzt bist du bei ihr ganz unten durch!, ärgerte ich mich über mich selbst. „Es tut mir Leid, ich wollte nicht gemein sein“, flüsterte ich und legte meinen Arm um sie. Ein Schauer überfuhr meinen Körper und meine Haut fing an zu kribbeln. Es war angenehm, ein wirklich gutes Gefühl. Wars das? Habe ich ihr vertrauen nun? Immerhin wirkt sie nicht abweisend, im Gegenteil, sie hielt mich sogar fest. Saphir lehnte sich an mich und ich umarmte sie. Eine Weile verging, doch wir saßen immernoch so wie vorhin. Schweigend. Nur Saphir hatte sich zum Glück ein wenig beruhigt. „Ich habe hunger“, flüsterte sie, drehte sich aber nicht um. Ihr Blick war weiterhin nach vorne gerichtet. „Warte hier auf mich, ich komme gleich wieder“, erwiderte ich und richtete mich vorsichtig auf. Ich verwandelte mich in meine gewohnte tiegerische Gestalt, aber kurz bevor ich das Versteck verließ schaute ich nochmal zu Saphir. Ein kurzes Nicken von mir, ein lächelndes Kopfschütteln von Saphir. Was sie wohl grade denkt? Mit einem Satz sprang ich hinaus und landete im Wasser. So schnell ich konnte schwamm ich an Land und schüttelte erst die Wassertropfen ab, bevor ich weiter rannte. Kurz bevor ich am Stamm ankam, begegnete ich Mila. Sie nickte mir nur zu und rannte an mir vorbei. Das kam mir ein wenig komisch vor, deshalb legte ich einen Zahn zu, um mit Mila Schritt zu halten, aber trotzdem war sie schneller als ich. Als ich nun auch endlich angekommen war, sah ich zu aller erst die tote Gazelle. Geruch von frischem rohen Fleisch stieg mir in meine Nase und mein Magen begann zu knurren. Sofort riss ich mir erst ein Stück, dann noch ein zweites, größeres für Saphir, welches ich allerdings versteckte. Nachdem ich mein Stück gefressen hatte, nahm ich Saphirs und wollte grade los, als meine Mutter mit Mila durch den Stamm liefen bis hin zu Nero, der auf einem umgekippten Baumstamm und der Sonne lag. Sofort sprang er auf und nickte. „Alle mal her gehört“, rief Nero mit seiner tiefen und grolligen Stimme in die Runde und sofort hatte er die ganze Aufmerksamkeit seines Stammes. Sogar meine. „Scarlett und Nico vermissen ihre Tochter, Saphir! Hat sie jemand von euch gesehen oder etwas von ihr gehört?“, fragte er ernst und lies seinen Blick durch die ganze Runde schweifen. Getuschel neben und hinter mir war zu hören. Unauffällig ging ich einen Schritt zurück und schaute die anderen an. „Wenn keiner weiß wo sie ist, dann begeben wir uns jetzt auf die Suche! Es ist wirklich wichtig sie zu finden, bevor sie in die falschen Hände gerät, ihr wisst wen ich meine. Wer ist dabei?“ Ich sah wie Kairo und Onyx sich direkt zu Nero stellten und in die Runde schauten. Chaisen, Blaise und Elisa schlossen sich noch an und Nero nickte. Er fing an Gruppen zu bilden und schickte alle los. Er selbst ging mit Chayenne, meiner Mutter, während Mila zurück zu ihrem Stamm ging. Meine Geschwister hüpften aufgeregt hin und her. „Wir suchen sie hier im Dschungel!“, sagte Malou und lief los, Kaito folgte ihr. „Ich suche sie auch“, sagte ich zu Laria und Maya, welche Zuhause blieben. Sofort nahm ich das Fleisch und schlich mich zu Saphir, was garnicht so einfach war, wenn vor und hinter dir Tiger rumliefen, die sie suchten. So schnell ich konnte sprang ich durch den Wasserstrahl und ließ das Fleisch fallen. Mit einer eleganten Bewegung wurde ich Mensch und deutete ihr, dass das Essen fertig sei. Oder zumindest das, was man als Fertig ansehen konnte. „Was ist los mit dir?“, fragte sie mich und runzelte die Stirn. „Saphir, alle suchen dich da draußen! Du kannst hier nicht mehr lange bleiben..“, sagte ich und atmete aus. Ihr Blick erstarrte. „Ich will nicht zurück. Nicht jetzt. Nicht morgen und auch nicht in naher Zukunft!“, rief sie und schüttelte den Kopf. „Beruhig dich, wir finden ein anderes Versteck. Aber ess erstmal. Dannach gehen wir“, sagte ich und sie nickte. Jetzt nur noch die Frage wo wir hin sollten.. Im Dschungel konnten wir nicht bleiben und dort draußen war ich noch nie. Das sind schonmal gute Aussichten.., dachte ich ironisch und wusste selbst nicht mehr weiter, was ich mir aber nicht anmerken lassen durfte. Nicht vor Saphir denn ich musste sie nun beschützen.  

Freitag, 28. Juni 2013

(2) KAPITEL 7

SAPHIR

Ich wachte unter dem tosendem Rauschen des Wasserfalls auf. Müde rieb ich mir die Augen und schaute mich um. Moment mal. Ich bin immer noch ein Mensch? Was ist passiert? Ich lag in einer Höhle hinter einem Wasserfall. Wie bin ich hierher gekommen? Ich versuchte mich zu erinnern, doch komischerweise war alles weg. Plötzlich hörte ich eine Stimme in meinem Kopf, sie sagte: „Bleib hier und warte bis ich komme.“ Sie kam mir so vertraut vor, also wartete ich. Sofort schossen mir die Erinnerungen in den Kopf – von Lian und Aya. Und dem Blitz sowie von dem umstürzendem Baum. Hatte ich das getan? Nein, unmöglich! Es war nicht meine Schuld! Und trotz dieser Gedanken kamen mir wieder Tränen in die Augen. Wie lange hatte ich überhaupt geschlafen? Plötzlich sprang ein Junge durch den Wasserfall und kam zu mir. Er setzte sich mir gegenüber und musterte mich. Ich krabbelte langsam zur Höhlenwand und presste mich aus Angst dagegen. Wer ist er? Wieso sind Menschen im Dschungel? „Du siehst besser aus“, sagte er. Ich musterte ihn. Er hatte schwarzes Haar, eine Strubelfrisur und war von Körper her gut gebaut. Er trug eine Jeans und ein schwarzes T-Shirt. „Wer bist du?“, fragte ich. Er überlegte eine Weile, antwortete dann: „Kannst du dich an etwas erinnern?“, „Nein“, gab ich zurück und er fing an zufrieden zu lächeln. „Wer bist du?“, fragte ich erneut. „Shino“, sagte er und suchte meinen Blick. Shino! Was macht er den hier? Wie komme ich hier her? Verdammt, was ist hier los? „Wie bin ich hierher gekommen?“, „Ich hab dich hierher geführt“, „Und wieso kann ich mich an nichts mehr erinnern?“, auf diese Frage hin überlegte er sehr lange. „Das weiß ich nicht, du warst in einem schlechten Zustand. Du hast geweint und warst völlig aufgelöst. Kannst du mir sagen was los war?“. Er schaute mich mitfühlend an. Kann ich es ihm sagen? Es ist ziemlich privat und ich möchte niemandem vertrauen. Ich hab das Gefühl, dass jeder mein Vertrauen missbraucht... „Es ist nichts. Zum mindestens nichts was ich dir sagen möchte...“, ich wand meinen Blick ab. Ich spürte Shinos Blick auf mir. Langsam streckte er die Hand aus, nahm mein Gesicht in seine Hände und drehte ihn zu sich damit ich ihn ansah. Ich wollte weggucken, doch seine fast schwarzen Augen hielten meinen Blick gefangen. „Du kannst mir vertrauen. Sag, was ist passiert?“. Plötzlich stiegen mir Tränen in die Augen und ich flüsterte: „Lian hat mich mit Aya betrogen“, während ich anfing zu weinen.


SCARLETT

„Wo ist sie? Nico, sag mir wo sie ist!“, schrie ich Nico an. Er sah mich mitfühlend an und schmiegte sich an mich. „Saphir ist ein kluges Mädchen, es wird ihr gut gehen. Sie braucht ein bisschen Freiraum, wir wissen doch wie das so ist. Sie kommt zurück, mein Schatz. Vertrau mir“, flüsterte er. Saphir war nun seit zwei Tagen verschwunden. Ich sah Nico an und nickte unter Tränen. Sie war noch nie allein so lange weg! Was ist, wenn ihr etwas passiert ist? Mila kam angelaufen und fragte vorsichtig: „Wenn ihr wollt, kann ich Neros Stamm fragen ob sie sie gesehen haben. Keine Sorge Scarlett, sie kommt bestimmt wieder.“ „Ja, bitte frag Neros Stamm“, sagte Nico ohne den Blick von mir abzuwenden. Sofort lief Mila wieder los. Ich blickte mich um und entdeckte Lian. Er saß zusammen mit Aya unter einem Baum. Aya hatte ihr linkes Hinterbein noch immer unter Blättern gelegt, wie Mila ihr befohlen hatte. Schließlich hatte sie sich ihr Hinterbein verstaucht. Sie sagte, es sei passiert als sie rumgetobt hätten. Aber nach den traurigen Blicken die sie und Lian sich zu warfen, traute ich ihnen nicht. Es konnte ja auch daran liegen, dass sie traurig wegen Saphirs Verschwinden waren, jedoch lag da noch etwas anderes in ihrem Blick. Haben sie etwas mit Saphirs Verschwinden zu tun? Sie verhielten sich seit diesen zwei Tagen sehr unauffällig, schauten aber immer traurig und wie ich das sah – schuldig. Aber ich konnte ihnen nichts vorwerfen, schließlich hab ich keine Beweise und ich konnte das Felicitas und Mila nicht antun. Aber ich schwöre bei Gott, wenn Saphir wegen ihnen etwas zugestoßen ist, werden sie dafür büßen! Traurig kuschelte ich mich an Nico und betete dafür, dass es meiner Kleinen gut ging.

Mittwoch, 26. Juni 2013

(2) KAPITEL 6

SHINO

Ein Vorteil ein Tiger zu sein? Du musst nicht auf die Wochentage achten. Du hast keinerlei Verpflichtungen und kannst eigentlich tun und lassen was du willst. Ha, denkste! Du bist dein ganzes Leben lang in diesem Dschungel eingesperrt und triffst immer nur auf die selben Gesichter. Ich fühle mich gefangen, wie ein Vogel der nicht fliegen kann.. Einige würden mein Leben als Perfekt beschreiben, andere würden den Dschungel als Paradies sehen, doch ich sage euch es ist ganz anders: Es ist die Hölle. Mein Leben soll perfekt sein? Was ist schon perfekt? Auf ein Leben in dem bereits alle Entscheidungen für mich getroffen worden und meine Wege genauenstens geplant sind kann ich auch gerne verzichten. Vielleicht ist es ja Schicksal, ich weiß es nicht, aber wenn, dann hätte ich gerne ein anderes. Das Schicksal sollte mit mir spielen, mir einen richtigen Kampf bieten, doch stattdessen kenne ich dieses in und auswendig. Mein Leben ist langweilig, wie ein Lied, welches man Millionen mal gehört hat. Das Besondere fehlt. Aber okay, gut, ich muss mich damit abfinden. Vielleicht brauche ich einfach nur wieder eine Abwechslung. Seit ich Lura kenne, also 2 Tage vielleicht mal, bekommt mein Leben wieder einen neuen Takt. Sie ist neu, besonders. Ein Gesicht, welches ich noch nie zuvor gesehen hatte, und genau das macht sie ja so interessant. Ich möchte zu ihr. Jetzt. Ohne zu zögern lief ich durch mein Rudel. Kaum einer, außer meiner Tante und ein paar anderen, war hier. Natürlich, alle dürfen sich draußen austoben, während ich hier festsitze. „Laria? Wo sind die anderen alle hin? Und wo ist meine Mutter?“, fragte ich sie. „Chayenne ist mit den anderen jagen gegangen. Ich soll auf dich aufpassen, was fehlt dir denn mein kleiner?“, fragte sie mich mit so einem lieben Unterton, dass mir fast schlecht wurde. Trotzdem versuchte ich mich zusammen zu reißen und konzentrierte mich auf das Wesentliche, wieso ich sie eigentlich aufgesucht hatte. „Sag mal, darf ich vielleicht zu Lura?“ „Aber du warst doch erst gestern bei ihr“, sagte sie etwas misstrauisch und musterte mich genau. „Bitte, hier ist absolut nichts los!“, bettelte ich meine Tante an, doch es half alles nichts. „Shino nein, es ist weit bis zu Luciens Stamm, wer weiß was auf dem Weg alles passieren kann? Vielleicht wirst du ja angegriffen oder verletzt dich oder..“, fing sie an, doch ich unterbrach sie direkt wieder: „Dir passiert hier was, dir passiert da was, du darfst das nicht, du darfst dies nicht.. Ich möchte vielleicht auch ein wenig die Gegend erforschen, ich sterbe hier vor Langeweile, das ist das selbe wie wenn mich da draußen jemand umbringt!“ „Shino, das reicht! Du kannst gerne etwas durch den Dschungel laufen, aber diesen nicht verlassen. Ich habe deiner Mutter gesagt ich passe auf dich auf und damit ist jetzt Schluss!“, ermahnte sie mich und ich lief wütend davon. Was wisst ihr denn schon? Ihr habt meine Probleme ja nicht, ihr lebt euer Leben wie ihr es wollt! Erst organisiert ihr mir eine Verlobung mit einer wild Fremden und dann verbietet ihr mir auch noch sie zu besuchen! Wo bleibt da der Sinn? Wütend lief ich durch den Dschungel, wie es Laria mir vorgeschlagen hatte.Ich wollte an den Rand des Dschungels, wo ich wenigstens aus der Ferne die Freiheit sehen und fühlen konnte. Wie so oft trabte ich zwischen Bäumen entlang bis ich an einem riesen Felsen ankam. Diesen kletterte ich hinauf und blickte in die Ferne. Ein kühler Wind wehte mir durch mein Fell und ich schloss für einen kurzen Moment die Augen. Freiheit. So fühlte sich das also an. Es war ein schönes Gefühl, einfach unbeschreiblich. Die Stille drang in meine Ohren. Man könnte behaupten, dass es so leise war, dass man sogar das Gras wachsen hören konnte. Faszinierend. Doch irgendetwas störte mich. Es war nicht so wie immer, nicht wie die anderen Male, als ich hier oben saß. Vorwärts konnte ich nicht, denn es war ein sehr hoher Felsen der steil in die Tiefe fiel. Also kletterte ich vorsichtig wieder hinten herunter und blieb solange stehen, bis ich diese Stille wieder hörte. Der Felsen war nicht nur sehr hoch, sondern auch breit. Vielleicht waren es auch mehrere Felsen aneinander gereiht, der eine größer als der andere, ich wusste es nicht. So leise ich konnte schlich ich an diesen entlang, ohne diese Stille zu verlieren. Doch je weiter ich ging, desto lauter wurde sie. Nein, das war keine Stille, etwas dazwischen hatte sich dazugeschlichen. Es war ein leises Schluchzen. Aber woher kam das? Mein Schritt verschnellerte sich und es wurde immer deutlicher, lauter. Dieses Geräusch konnte unmöglich von einem Tiger kommen. Ich entdeckte einen kleinen Spalt, an welchem ich ersteinmal nur lauschte. Das Schluchtzen kam von dort, eindeutig! Vorsichtig schlich ich durch den Spalt hindurch und sah ein Mädchen. Sie war noch sehr jung, vielleicht in meinem Alter. Sie saß auf ihren Knien und weinte. Um sie herum befand sich nichts, nur hohes Savannengras. Wie war sie hierher gekommen? Wer ist sie? Mein Verstand sagte mir, ich sollte wieder umkehren, vielleicht ist sie ja eine Jägerin oder erschreckt sich vor mir, meine Neugier war aber stärker und ich entschied mich sie von nahmen zu betrachten. Ich verwandelte mich in einen Menschen, damit sie nicht so sehr erschrak. Oder fühlte ich mich sicherer wenn ich Mensch war? Das war ich aber so selten, dass ich mir selbst völlig fremd schien.

„Warum weinst du?“, fragte ich und trat aus der Höhle hervor. Sofort schnellte ihr Kopf hoch und sie blickte mir in die Augen. Auch wenn ihre Augen voller Tränen waren, so konnte ich doch ihre strahlend blauen Augen erkennen. „Wer bist du? Hast du mich beobachtet?“, entfuhr es ihr plötzlich. Sie klang misstrauisch und erschrocken. „Nein, ich habe dich nicht beobachtet, ich war nur in der Nähe und habe dich gehört. Verrätst du mir deinen Namen?“, antwortete ich hier ruhig und versuchte ihr Vertrauen zu gewinnen. „Nein. Was willst du überhaupt?“, fuhr sie mich an und wischte sich ihre letzten Tränen weg. „Ich wollte nur.. Ich dachte mir vielleicht kann ich dir ja irgendwie helfen?“ „Bezweifle ich. Weißt du, du würdest es nie verstehen. Keiner würde das. Ich brauche keine Hilfe. Weder von dir, noch von irgendwem anderem! Ich komme auch sehr gut alleine zurecht!“, sagte sie kalt und ich erstarrte. Was sollte ich jetzt noch sagen? Sollte ich überhaupt etwas sagen? Langsam wurde ich wütend. Wie konnte sie nur denken sie sei die einzige mit Problemen? „Wieso bist du dir da so sicher? Weißt du, du bist nicht die einzige mit Problemen! Auch mein Leben verläuft nicht grade traumhaft, aber das ist noch lange kein Grund einen so dumm anzumachen! Ich habe dir nichts getan okay?“, versuchte ich ihr klar zu machen und spürte, dass ich immer wütender wurde. Am liebsten hätte ich ihr alle meine Probleme vor den Kopf geworfen, ihr gesagt, dass sie sich unmöglich verhält und wie einsam ich mich fühlte, doch ich verkniff mir das. „Geh! Hau einfach wieder ab!“, schrie sie mich an und war kurz davor erneut in Tränen auszubrechen. Sie drehte ihren Kopf weg und ich sah wie eine Träne auf den Boden fiel. Ich versuche es einfach. Mal schauen wie gut ich das noch kann.. „Schau mich an“, befahl ich ihr und wartete. Keine Reaktion. „Schau mir in die Augen“, wiederholte ich erneut und wartete wieder. Zögerlich drehte sie ihren Kopf zu mir und schaute mir direkt in die Augen. Ich versuchte mich zu konzentrieren und schaute sie direkt an. Ihr trauriger, hilfloser Blick neutralisierte sich langsam und wurde starr und ausdruckslos. So weit so gut. „Woher kommst du?“, fragte ich und schaute ihr immer weiter ihre blauen Augen. „Aus dem Dschungel“, antwortete sie mir ohne zu zögern. Ich hatte es tatsächlich geschafft sie in Trance zu versetzen! „Wie aus dem Dschungel? Wer bist du?“, fragte ich sie ein wenig verwirrt. „Ich bin eine Tigerin“, erwiderte sie. „Wie ist dein Name?“, fragte ich sie und hielt den Atem an. Eine Tigerin! Aus welchem Stamm kam sie? Aber vorallem; wieso war sie hier? Was war passiert? Will ich es überhaupt wissen? „Saphir“, antwortete sie mir und ich wäre beinahe umgekippt. Was mache ich nun mit ihr? Es war Saphir, ich weiß nun wer sie ist, aber sie nicht, wer ich bin. Schließlich haben wir uns noch nie zuvor in menschlicher Gestalt getroffen. „Saphir“, flüstere ich und wusste nicht was ich nun machen sollte. „Folge mir!“, sagte ich zu ihr und wir gingen wieder durch den Spalt. Hier konnten wir auf keinen Fall bleiben, niemand durfte sie finden. Da ich jede Ecke dieses Dschungels kannte führte ich sie erst unbemerkt zum Bach. Die ganze Zeit über überlegte ich wo ich sie verstecken könnte und plötzlich kam mir ein genialer Einfall! Ich wusste nicht ob es ein optimales Versteck war, doch spontan fiel mir einfach nichts besseres ein. Der Wasserfall an dem mich meine Mutter vorbeigeführt hatte war das Ziel. Möglicherweise befand sich dort eine kleine Höhle, wo sich Saphir für eine Weile aufhalten konnte. Also liefen wir zusammen den Bach entlang und sprangen über Steine. Doch statt wie meine Mutter weiter zu gehen, blieben wir auf den Steinen und gingen dann ins Wasser. Es war grademal Kniehoch. Zwar gingen wir gegen die Strömung, doch diese war nicht so stark, dass sie uns mitzog. Je weiter wir gingen, desto tiefer wurde das Wasser. Als es uns bis an die Taille reichte, bewegten wir uns an den Rand des Berges, wo wir uns dann entlang schlichen. Wir standen vor dem Wasserfall. Einige Tropfen spritzen auf uns und ich nahm Saphirs Hand. Ich zählte bis drei und lief dann mit ihr durch den Wasserfall hindurch auf die andere Seite. Klitschnass fanden wir uns in einer relativ dunklen Höhle wieder. Licht drang nur durch das Wasser in die Höhle, was aber reichte, um die eigene Hand vor dem Gesicht zu sehen. „Leg dich für eine Weile hin, es ist schon spät. Wenn du aufwachst, bleib bitte hier und warte solange bis ich komme“, sagte ich so deutlich ich konnte und sie folgte meinen Worten und legte sich auf den Boden. Bis sie einschlief blieb ich noch neben ihr sitzen und lauschte ihrem Atem. „Schlaf gut, wir sehen uns morgen“, flüsterte ich ihr zu und stand auf. Mit einer kurzen und leichten Handbewegung nahm ich den Bann von ihr. Saphir wusste nicht wo sie war, wusste nicht wie sie hergekommen war und erinnerte sich auch nicht mehr an mich, denn das alles nahm ich von ihr mit. Alles was ich ihr an Erinnerung noch da ließ waren meine Worte „Bleib bitte hier und warte bis ich komme“, den Rest hatte sie vergessen. Draußen wurde es immer dunkler und ich sollte langsam wirklich mal wieder zurück. Meine Mutter müsste bereits längst wieder da sein.

Montag, 24. Juni 2013

(2) KAPITEL 5

SAPHIR

Die Feier war schnell vorbei und nachdem die Gäste wieder gegangen waren ging ich zu Lian. „Was hälst du von Shino?“, fragte er mich. Ich war erst überrascht wieso er mich das fragte, antwortete ihm dann aber höflich: „Ist ganz nett und er scheint Lura glücklich zu machen, wieso?“ „Ach nur so“, meinte er und wand sich ab. Was ist nur los mit ihm? Wieso ist das so wichtig?, dachte ich und schaute ihm hinterher. Komischerweise ging er einfach in den Wald, nicht in die Höhle oder zu seinem Vater wo er sonst immer hingehen würde. Traurig tapste ich zu meinem Urgroßvater Salio. Er lag ruhig unter einem Baum und hatte die Augen geschlossen. „Salio? Bist du noch wach?“, fragte ich leise. Er öffnet ruhig die Augen und schaute mich an. Dann setzte er sich ruhig hin und deutete mir, mich auch hinzusetzen. „Für dich doch immer, Saphir“, sagte er freundlich. Ich setzte mich und musterte ihn. Er war einer der Ältesten im Rudel und er sprühte förmlich vor Weisheit. Man konnte sich ihm immer anvertrauen, er war einfach ein guter Zuhörer, Ratgeber und ein guter Freund. Es kommt mir manchmal so vor, als wäre er hier der Einzige der mich versteht. „Was bedrückt dich?“, fragte er und schaute mich mitfühlend an. „Ich weiß es nicht. Ich finde alles so verwirrend. Wieso müssen wir unbedingt mit anderen versprochen werden? Können wir nicht einfach irgendwann selbst entscheiden mit wem wir unser Leben verbringen wollen? Das ist doch alles nicht fair! Und das auch noch mit anderen Stämmen! Wozu ist das gut, wenn wir nicht mal aus dem Rudel raus dürfen um unsere 'Verlobten' zu besuchen? Manche werden einfach völlig Fremden versprochen. Zum Beispiel jetzt Lura mit Shino. Versteh mich nicht falsch - ich finde es toll Andere kennen zulernen, aber direkt jemandem versprochen zu werden?“, sprudelte es aus mir heraus. „Saphir, du bist noch jung. Eines Tages, wenn du selber Kinder haben wirst, wirst du es verstehen“, „Aber ich will es jetzt verstehen! Erkläre es mir! Wo liegt da der Sinn?“, „Der Sinn liegt darin, dass die Eltern eine Zukunft für ihre Sprösslinge sichern wollen. Sie möchten sich so selbst versichern, dass ihr immer in guten Händen seid. Es gibt den Eltern Halt und Sicherheit um euch euren Weg gehen zu lassen“, „Aber es ist doch nicht unser Weg, wenn jemand ihn schon voraus bestimmt hat! Wieso kann man sich nicht selbst verlieben und seinen eigenen Weg gehen?“, „Weil man sich manchmal nicht in den Richtigen verliebt. Die Eltern wollen euch doch nur vor Fehlern schützen. Meine Kleine, wenn du älter bist wirst du verstehen. Ruh dich nun aus, es war ein langer Tag.“


Ich war zwar nicht mit der Antwort zufrieden, jedoch beruhigte es mich, dass Salio über alles gut Bescheid wusste. Auch wenn wir oft nicht einer Meinung waren. In der Höhle angekommen schaute ich mich um. Wo ist Lian?, fragte ich mich und trat wieder aus der Höhle heraus. Er ist doch vorhin im Wald verschwunden, vielleicht sollte ich ihn dort mal suchen?, dachte ich und trabte in die Richtung in der er verschwunden war. Nach ein paar Minuten hörte ich Gekichere und Geflüstere. Ich verlangsamte meinen Schritt und legte mich flach auf den Boden als die Geräusche ziemlich nah waren. Langsam hob ich den Kopf um zu sehen, was vor mir war. Es war schwer zu erkennen da es so dunkel war, jedoch erkannte ich zwei Tigergestalten. Wer sie waren konnte ich nicht erkennen. Ich kroch ein bisschen näher und erkannte sie. Es durchfuhr mich wie ein Blitz! Ich sah Lian wie er Aya küsste. Sie lagen aneinander gekuschelt in einer Kuhle und bemerkten mich nicht. Meine Gefühle spielten verrückt. Ich war traurig, immerhin war er mein Verlobter. Doch wieso sollte ich traurig sein? Ich liebe ihn doch nicht? Also was würde es bringen, wegen ihm Tränen zu vergießen? Und schlagartig wurde meine Trauer umgewandelt - in Wut. Wie konnte er nur? Er muss mich nicht lieben, ich tue es ja auch nicht, aber treu bleiben? Das wäre doch mal was! Ich war noch nie so wütend gewesen. Ich wollte gerade aufstehen und die beiden auseinander bringen, da schlug plötzlich ein Blitz neben der Kuhle in einen Baum. Dieser knackste laut und fiel auf die Kuhle. Ich blieb regungslos liegen und hörte nur noch Aya schreien. Dann wurde alles still. Nichts regte sich und sogar ich hatte die Luft angehalten. Sind sie tot? Ein Rascheln unter den Blättern des umgefallenen Baumes ließen mich zusammenzucken. Sie sind nicht tot!, dachte ich, sprang auf und lief davon. Nicht zum Rudel. Irgendwohin. Hauptsache weit weg von hier. Ich weiß, ich hätte dort bleiben und ihnen helfen sollen, aber ich konnte nicht! Eigentlich dürfte ich das Rudel nicht einmal verlassen! Aber ich ertrug es einfach nicht. Es verletzte mich auch eine komische Art und Weise. War das berechtigt? Wenn jetzt doch jemand gestorben ist? Aber es war doch nicht meine Schuld, oder? Ich sprang über einen kleinen Bach und blieb in einer Erderhöhung liegen. Traurig und wütend zugleich verwandelte ich mich in einen Menschen, setzte mich hin, zog die Knie an mich und fing an zu weinen. Ich wusste ja nicht einmal wo ich war! Verzweifelt ließ ich meinen Kopf auf meine Knie sinken, sodass mir meine langen, welligen braunen Haare übers Gesicht fielen. Es war manchmal einfach befreiender ein Mensch zu sein, auf diese Weise kann man seine Gefühle besser zum Ausdruck bringen. Aber was war das gerade für ein Gefühl? War ich traurig weil Lian mich betrogen hat? Oder war ich traurig weil einer der Beiden vielleicht tot war? Wieso sollte ich deshalb traurig sein? Sie haben es verdient! Und tot sind die doch eh nicht! Dann könnten sie mich ja nicht mehr ärgern. Und sofort wurde mir klar wieso ich traurig war – ich war einsam. Ich hatte keine Freunde und mein Verlobter hat mich betrogen. Ich hab gerade Gefühle für Lian zugelassen und was tut er? Er tritt sie mit Füßen! Ich darf einfach keinen mehr an mein Herz ranlassen. Niemanden! Ich muss mich einfach selbst schützen, auch wenn es bedeutet, weiterhin einsam zu sein. Wenn dann soll ich doch einsam sein! Wen interessiert es schon? Ich bin niemandem wichtig. Lieber bin ich einsam anstatt von jemandem verletzt zu werden, der mir etwas bedeutet! Denn das macht es nur noch schlimmer...

Freitag, 21. Juni 2013

(2) KAPITEL 4

SHINO

Was war das denn eben? Entschuldige, aber deine Gedanken kann ich leider nicht lesen. Saphir. Wieso distanzierst du dich so sehr? Alles was ich will ist mit dir zu reden, dich kennen zu lernen. Ich sah sie zurück zur Party gehen. Lura, welche sich immernoch an mich kuschelte, schaute ihr ebenfalls hinterher. Was Lura wohl denkt? Sie ist eifersüchtig, das ist nicht zu übersehen, nur verstehe ich nicht warum? Wir haben nur geredet, noch nicht einmal, wir standen lediglich nebeneinander. Was ist also ihr Problem? „Gehen wir auch zurück?“, fragte sie leise, schaute mich aber nicht an. „Geh schonmal, ich komme gleich nach“, erwiderte ich ihr und sie nickte. Langsam tapste sie davon, drehte sich noch einmal zu mir um und ging dann weiter. Nun war ich allein. Oder zumindest fast allein. Es war zwar niemand hier, bei mir, aber ich konnte dennoch ihre Stimmen hören. Das war zu viel, ich musste unbedingt hier weg. Ich sprang über den Fluss und rannte so lange quer durch den Dschungel, bis ich nichts mehr hörte. Stille drang in meine Ohren. Verwirrung stieg in meinen Kopf. Müdigkeit fiel über mich. Was mache ich hier eigentlich? Die ganze Zeit habe ich versucht zu verstehen, wo das Problem der anderen liegt, aber das eigentliche Problem liegt doch bei mir. Das Problem bin ich! Wieso renne ich weg? Vor wem? Vorallem an meinem eigenem Verlobungstag. Lura ist ab heute meine Verlobte. Aber kann ich sie wirklich meine Geliebte nennen? Schließlich kenne ich sie erst seit Gestern, Lura ist mir eine Fremde. Kann ich eine Fremde lieben? Nein, das kann ich nicht, aber ich muss. Es ist meine Pflicht. Mir wird oft gesagt: „Zeit ist alles.“ Bis heute weiß ich ehrlich gesagt nicht, was das bedeuten soll, aber wenn ich das auf meine Situation beziehe, ergibt es einen Sinn. Ich werde Lura lieben lernen, mit der Zeit, und heute ist der Anfang! Mit diesem Gedanken stand ich endlich auf und versuchte den Weg zurück zu finden, was einfacher war, als anfangs gedacht. Den Rest des Abends hatte ich nur noch Augen für Lura. Alles andere blendete ich automatisch aus, sie war für heute die einzige für mich und das sollte sie sehen. Ich fand heraus, dass rot ihre Lieblingsfarbe war. Lura war eine echte Zicke und auch etwas dickköpfig. Na also, es fängt doch schon super an! Lura ist ein tolles Mädchen, die ist mein Mädchen., dachte ich glücklich.


Zurück zuhause legte ich mich auf meinen Lieblingsplatz. Es war mittlerweile Nacht geworden und die Sterne funkelten. Einsamkeit schlich sich in mich. Für diesen Moment hatte ich den ganzen Tag vergessen und fühlte die Leere in mir, die ich immer fühlte. Ganz gleich was ich versuchte, ich konnte diese Leere nie füllen. Es war als würdest du auf einer langen Suche ohne Ziel herumirren und keiner konnte dir helfen. Das Ziel sollte das Ende der Suche sein, aber wenn ich nicht wusste wonach ich suchen musste, wie konnte ich das dann finden? Schnell versuchte ich an Lura zu denken, an ihr schönes Fell, ihre Augen. Einen Moment spürte ich innere Ruhe, welche aber nicht lange anhielt. Ich suchte nach dem Grund und dachte an Saphir und an das, was sie gesagt hatte. Nein, gar nicht. Ich wollte nur etwas trinken und bin Shino über den Weg gelaufen“, hatte sie gesagt. Es war nicht das was sie sagte, eher wie sie es sagte. Die Art und Weise wie sie es betont hatte, verletzte mich. Saphir hatte das so beiläufig und verachtend gesagt, dass es mich innerlich aufwühlte. Es verpasste mir Wunden, welche brannten. Die Frage war nur, wieso? Verdammt wieso denk ich darüber nach? Alles was ich von Saphir will ist ihr Vertrauen und ihre Freundschaft, denn im Moment kommt es mir vor als wären wir Feinde.. Sollte ich vielleicht mal versuchen.. Nein! Daran darf ich nicht denken! Das wäre unfair Saphir gegenüber, aber ich würde endlich Antworten bekommen..
 

Mittwoch, 19. Juni 2013

(2) KAPITEL 3

SAPHIR

Lauf! Lauf!, schrie meine innere Stimme und das tat ich auch. Überall um mich herum schlugen Blitze ein, Bäume fielen um und der Wald war nicht mehr der selbe. „Hilfe! Helft mir doch!“, schrie ich verzweifelt. Was war nur los? Wo war ich? Plötzlich schlug ein Blitz unmittelbar in meiner Nähe auf. Der grelle Strahl lief den Boden entlang auf mich zu. Ich machte automatisch kehrt und lief wieder. Der Strahl erhob sich vom Boden und kam auf mich zu. Ich schrie erschrocken auf, als der Strahl sich wie ein Halsband um mein Hals legte. Ich dachte, dass ich nun gewürgt oder geschockt werden würde, jedoch fühlte es sich erleichternd und gut an. Was war das den? Ich blickte mich um und sah etwas schwarzes in einem Busch umher huschen. Seine hellblauen, fast weißen Augen sahen mich an. Zuerst dachte ich Freundlichkeit in ihnen zu sehen, jedoch wurde dieses Gefühl schnell von dem lauten Brüllen des Tigers vertrieben. Ich zuckte zusammen und hob den Kopf. Alles schien normal zu sein – nirgends waren Blitze oder Chaos. Es war nur ein Traum!, dachte ich erleichtert und sah Lian an. Ich bin neben ihm eingeschlafen und wir hatten noch lange geredet. Er war wirklich nett und ich glaubte auch, dass ich ihm vertrauen könnte. Er schlief noch tief und fest, also stupste ich ihn nur leicht mit der Nase an seine Nase an, und trat aus der Höhle. So ein Stups mit der Nase war wie bei den Menschen ein Kuss. Es war noch mitten in der Nacht, alle schliefen sich aus um für das große Fest der Verlobung von Lura und Shino ausgeschlafen zu sein. Wenn sie beide offiziell alt genug sind um wirklich zu heiraten, können sie sich ein Rudel aussuchen, bei dem sie leben wollen. Lura war hin und weg von Shino, hatte sie mir oft gesagt. Ich glaube sie wollte es mir unter die Nase reiben. Wozu? Ich hatte doch einen Freund. Natürlich freute ich mich für sie, nur hatte ich ein komisches Gefühl bei Shino. Ich hatte keine Vorurteile, gewiss nicht, jedoch hatte er etwas an sich was mich beunruhigte. Ob es positiv oder negativ war, wusste ich nicht. Er hat mich heute so fixiert... Kann aber auch daran liegen, dass ich einfach selten bin. Immerhin bin ich eine silberne Tigerin. Außer meiner Mutter und mir gab es solche Tiger nicht. Wahrscheinlich hab ich mir das nur eingebildet. Als er mich so fixiert hatte, bekam ich zuerst Angst. Deshalb bin ich zu Lian gelaufen und hab mich an ihn rangekuschelt. Shino sollte wissen, dass man mir nichts tun könnte mit so einem Freund wie Lian. Er schien dies auch zu verstehen, denn danach hatte er mich nicht mehr beachtet. Ist wohl auch gut so, dachte ich und ging wieder in die Höhle um weiter zu schlafen.

Dieses mal träumte ich nicht. Beruhigt wachte ich auf, streckte mich und schaute mich in der Höhle nach Lian um. Er war weg. Vielleicht ist er ja zum Bach gegangen. Mit diesen Gedanken trat ich aus der Höhle und lief zum Bach. Lian war auch nicht dort. Das war mir recht, den so konnte ich mich beruhigt waschen.
Als ich fertig war, trabte ich zurück zum Hauptplatz. Mich wunderte es nicht, als sich schon alle aus dem Rudel auf dem Platz versammelten. Chayenne würde gleich mit ihrem Rudel kommen. Diese Feier würde also in friedlicher Stimmung verlaufen, auf jeden Fall hoffte ich das. Ich setzte mich an den Eingang meiner Höhle und schaute mich um. Mila lief aufgeregt um Lura herum und versuchte sie sauber zu bekommen. Silas saß ruhig daneben und blickte stolz auf seine Tochter, während Aya aufgeregt auf Lura einredete. „Na meine Schönheit“, begrüßte mich Lian und setzte sich neben mich. Er stieß sanft mit seiner Nase an meine und fing an zu schnurren. „Wo warst du heute morgen“, fragte ich ihn mit liebevoll zusammengekniffenen Augen. „Wir waren alle jagen. Es wird ein großes Buffet geben und dafür mussten doch die Männer sorgen“, sagte er und zwinkerte mir zu. Ich wand den Blick von ihm ab und schaute zum Beutehaufen. Er hatte Recht – dort lag sehr viel Fleisch. Ich wand meinen Blick wieder ab und schaute zum Eingang des Platzes. Nero trat auf den Platz, zusammen mit seinem ganzen Rudel. Viele der Erwachsenen Tiger gesellten sich zu meinen Rudelmitgliedern und begrüßten ihre alten Freunde. Nero ging zu Lucien und fing ein Gespräch an, während Chayenne aufgeregt zu Mila lief und mit ihr Einzelheiten austauschte. Shino trat nun auch auf den Platz und gesellte sich zu Lura. Ihm folgte ein weiterer schwarzer Tiger und eine Tigerin. Lura lief Shino entgegen und stieß liebevoll mit ihrer Nase an seine Nase. Shino zuckte zusammen und schien sich abwenden zu wollen, hielt dann jedoch inne und lächelte sie einfach an. Ich verdrehte die Augen und lief mit Lian zu ihnen. Als Shino mich sah, fixierte er mich wieder. In seinem Blick lag Neugierde und Verwirrung. Ich wollte meinen Blick von ihm abwenden, konnte es jedoch nicht. Etwas hielt mich in seinen dunklen, fast schwarzen Augen fest. Er kam mir so bekannt vor... Langsam zeichnete sich ein Lächeln auf Shinos Gesicht und auch ich fing an zu lächeln. In meinem Augenwinkel erschien Lura und starrte mich hasserfüllt an. Sofort wand ich meinen Blick ab und schaute wieder Lian an. Damit Lura sich keine Sorgen machte, kuschelte ich mich an Lian und fing leise an zu schnurren. Das schien Lura zu beruhigen, sie fragte Shino ruhig: „Wer ist das?“ Shino deutete zuerst auf den Tiger und dann auf die Tigerin während er die Namen 'Kaito' und 'Malou' erwähnte. Sie waren seine Geschwister. Kaito starrte Aya an und fing an zu lächeln. Mir wurde das langsam zu viel, deshalb entschuldigte ich mich und lief zum Bach um etwas zu trinken. Es war einfach ungewohnt so viele Tiger hier zu sehen. „Ist alles in Ordnung?“, fragte mich jemand hinter mir. Ich schreckte zusammen und drehte mich um. „Shino! Erschreck mich doch nicht so!“, rief ich aufgebracht. Er ist von Lura weggegangen, wieso? „Wieso bist du nicht bei Lura?“, fragte ich neugierig. Kurz sah ich etwas trauriges in Shinos Blick aufblitzen, jedoch war es nur so kurz, sodass ich es dabei beließ es mir eingebildet zu haben. „Es ist komisch bei so vielen Tigern zu sein. Ich brauchte etwas Freiraum und du bist so schnell weggegangen, dass ich dachte du hättest etwas. Und außerdem wollte ich mit dir reden. Ich... ich hab so ein komisches Gefühl bei dir... Du scheinst mir vertrauenswürdig zu sein, jedoch auch verdammt distanziert, aber ich weiß nicht wieso“, sagte er und suchte meinen Blick. Ich fing seinen Blick und ließ ihn nicht mehr los. Es schien als würde er mir aus der Seele sprechen und in seinem Blick lag etwas, was ich nicht einordnen konnte. Unser Blickkontakt vertiefte sich und ich hatte das Gefühl zu versinken. Am liebsten hätte ich gerne „Hilfe! Ich versinke!“, geschrien, so hilflos und verwirrt fühlte ich mich bei ihm. „Stör ich euch?“, fragte Lura gereizt. Wir waren so sehr abgelenkt, dass ich sie nicht kommen gehört hatte. „Nein, gar nicht. Ich wollte nur etwas trinken und bin Shino über den Weg gelaufen“, sagte ich ruhig. Lura starrte mich böse an und dann etwas liebevoller Shino. Shino schaute mich verwirrt und auch etwas verletzt an, sagte dann jedoch: „Ich brauchte etwas Freiraum. Entschuldige das ich dir nicht Bescheid gesagt hab.“ Lura nickte und kuschelte sich an Shino, wobei sie ihren Schnurrmotor laufen ließ. Sie wollte offensichtlich beweisen das Shino ihr gehörte. Ich hatte damit kein Problem. Ich war sogar dankbar, dass sie kam. Es war komisch, ich fühlte mich einfach unbehaglich in Shinos Nähe. Er schien so ehrlich, vertrauenswürdig und doch fremd. Ich war es nicht gewohnt, dass jemand so war. Es kam mir so vor, als wäre ich in einer Umgebung aufgewachsen, in der man sich verschließt und seine Probleme für sich behält. Mir sollte das recht sein, es wäre aber auch mal schön jemanden zum Reden zu haben. Ich lief zum Rudel zurück, drehte mich jedoch noch einmal kurz um und fing Shinos Blick. Ich weiß auch nicht wieso. Es tut mir leid. Ich weiß nur das du zu Lura gehörst – nicht zu mir, sagte mein Blick und beantwortete ihm damit seine Frage. Er ist hier um Lura kennenzulernen, nicht mich, dachte ich etwas traurig, aber auch erleichtert. Damit drehte ich mich wieder um und lief zum Rudel zurück, zu der immer noch laufenden Feier.